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Augenblick mal: Moral muss man sich leisten können
29.11.2019
VALBERT + Wo kommen wir denn da hin, wenn ein Mann 190 Frauen etwas über Moral lehrt? Ganz genau nach Valbert ins dortige Evangelische Gemeindehaus. Andreas Malessa, Moderator, Journalist und Autor, ist der Einladung zum 50. Geburtstag des dortigen „Treffpunkt Frühstück für Frauen“ gefolgt.
Ein Schmankerl für die Damenohren ist gewiss seine sonore Stimme. Was er sagt, fordert nicht nur die gewohnten Denkbahnen sondern auch die Gesichtsmuskulatur heraus. Herzhaftes Lachen erfüllt den Saal.
Dafür sorgt unweigerlich auch Herta Springmann (alias Juditha Berger). Sie gibt clevere Tipps. Zum einen zur Bewältigung bedrohlich ausgewachsener (Warte-)Schlangen vor dem Buffet. Zum anderen, wie es erfolgreich gelingt, sich fremde Sitznachbarinnen vom Hals zu halten. Ganz im Sinne von „Seit ich Gluten und Laktose vertrage, konzentriere ich meine Intolleranz auf bestimmte Personen“.
Vor fünfundzwanzig Jahren staunte Initiatorin Bärbel Winterhoff nicht schlecht: Hundert Frauen schienen auf dieses besondere Gemeindeangebot gewartet zu haben. Ein Thema, dazu passende Gebete, Geschichten oder Interviews. Und natürlich Musik. An diesem Samstag ist es die Formation „Music for friends“, die passend zum runden Geburtstag meist heitere Stücke präsentiert und zum mitsingen einlädt. Zur Beliebtheit trägt zweifellos auch das reichhaltige Buffet bei. Die selbstgemachten Köstlichkeiten erfreuen ebenso wie die geschmackvolle Tisch-Deko. Als Dank für alles treue Engagement überreicht Bärbel Winterhoff ihrem 12-köpfigen Team rote Motiv-Schürzen.
Vor zehn Jahren war Andreas Malessa bereits Gast beim Frauenfrühstück. Bärbel Winterhoff weiß um seine tiefgehenden aber dennoch humorvollen Vorträge, passend für einen runden Geburtstag! (Foto: Haidle)
Jede freut sich, wenn der eigene Einsatz wertgeschätzt wird. Es gibt ein allgemeines Bewusstsein dafür, was wir für anständig halten. Und dann sind da noch die Zehn Gebote, die Bergpredigt etc.. Kann man die wörtlich nehmen? Vorsicht! „Liest nicht jede und jeder genau das heraus, was ihr und ihm passt?“ Wer sein moralisches Handeln an Gott orientieren will, der kommt um den Blickkontakt mit ihm nicht herum. „Gott ist kein moralischer Einpeitscher von Gesetzen“, glaubt Malessa. Moral ist demnach eine Frage der Beziehung. In Psalm 32,8 heißt es: „Ich will dich mit meinen Augen leiten“. „Wenn wir Gäste haben schafft meine Frau das auch. Sie leitet mich mit ihren Augen, für Getränkenachschub zu sorgen. Kennen Sie das, liebe Frühstückerinnen?“ Die Antwort ist Gelächter.
Bärbel Winterhoff (2.v.r) ist dankbar für ihre fleißigen Helferinnen. Seit 25 Jahren wird sie von einem Team aus 10-12 Frauen begleitet (Foto: Haidle)
Leitet Gott uns Menschen, dann sind es die Augen von Jesus Christus, durch die alles hindurch muss. Wir werden als Befreite angeschaut - auf Augenhöhe. Dann geht es nicht so sehr um das passende ruhige Gefühl. Moralisches Handeln meint dann ein Wissen um die Zusammenhänge. „Er lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.“ Wer sich vom Höchsten so anschauen lässt wird es wohl leichter haben. Es ist der Tellerrand, über den der Blick hinaus muss, um das eigene Verhalten moralisch abwägen zu können. „Erlösen werden uns weder Pünktlichkeit noch Kehrwoche“, glaubt Malessa, wohl eher die Moral von der Geschicht’: Lebe frei in Seinem Angesicht! ©CH