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Nicht nur „bitte“, sondern auch „danke“ sagen
1.7.2020
Iris Kannenberg trifft…
… Matthias Kleine, den neuen leitenden Fundraiser
des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg

LÜDENSCHEID + Matthias Kleine ist gar nicht so klein, wie der Name es vermuten lässt. Im Gegenteil: Mit seinen zwei Metern Körpergröße zieht er alle Blicke auf sich, wenn er einen Raum betritt. Er hat Charisma und strahlt eine ruhige Gelassenheit aus. Und er ist glücklich verheiratet mit seiner Frau Jutta.
Der geborene Lüdenscheider hat in der Vergangenheit innerhalb der Kirche schon so einiges bewegt und auf die Beine gestellt. Seine innere Ruhe hat ihn dabei selten verlassen. Genau die wird er bei seinem neuen Job nun auch in besonderem Maße brauchen. Denn Matthias Kleine ist der bisher einzige, brandneue und für 23 Gemeinden übergeordnet verantwortliche Fundraiser des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg. Seine Kompetenz ist gefragt. Die Stelle wurde mit großer Mehrheit durch die
Synode beschlossen. Für Matthias Kleine selbst ist es eine große Freude, dass er diese Stelle bekommen hat und seine Kompetenz und Erfahrungen dort einbringen darf.
Die Voraussetzungen, als Fundraiser erfolgreich zu sein, bringt Matthias Kleine mit. Er arbeitete bereits lange im Finanzierungsbereich, eher er sein umfassendes Knowhow in der evangelischen Kreuzkirchengemeinde Lüdenscheid unter Beweis stellte. Immerhin elf Jahre lang. Als Fundraiser und Projektkoordinator war er dort für den Neubau des großen Gemeindehauses ebenso verantwortlich wie für den Ausbau der gemeindeeigenen Jugendetage und die Sicherung des Gemeindehaushaltes. Dazu kam Stück für Stück die Öffentlichkeitsarbeit für die Gemeinde, so dass er auch in diesem Bereich viele Erfahrungen sammeln durfte.
Matthias, was ist ein Fundraiser? Wahrscheinlich können sich die meisten Leser darunter ebenso wenig vorstellen wie ich...
Das Wort kommt aus dem Englischen, es wird abgeleitet von „to raise funds“. Das bedeutet soviel wie „Schätze heben“ oder „Beschaffung von Mitteln“. Fundraising lässt sich eigentlich in drei Worten zusammenfassen: Beziehung, Beziehung und Beziehung. Das bedeutet konkret, Netzwerke aufzubauen und Menschen als aktive Unterstützer für eine Sache zu gewinnen. Dabei geht es um mehr, als um reines Spendensammeln. Auf die Kirche bezogen hat sich gezeigt, dass Gemeinden, die eine gute Beziehung zu ihrem Umfeld haben und bei denen auch nach außen hin sichtbar wird, was sie machen und wollen, es leichter haben, Unterstützer zu finden.
Welche Schätze hast Du denn bereits in der Kreuzkirche gehoben?
In der Kreuzkirche hatte ich die Aufgabe, das Neubauprojekt aktiv nach vorne zu bringen. Wir brauchten dafür viele Spenden. Dafür habe ich das Konzept entwickelt. Dazu gehörte auch die Koordination des Bauprojektes. Um das Projekt finanziell zu stemmen, haben wir eine Fundraising-Gruppe gegründet, die mich aktiv unterstützte. Um Spenden in großen Höhen zu generieren, ist es wichtig, sehr transparent und offen, für die Spender zu arbeiten. Das Projekt genau zu erklären und Interesse zu wecken. Die Menschen wollen teilhaben an dem, was mit ihrem Geld passiert, einen Sinn darin sehen und verstehen, dass sie letztendlich einen wichtigen Beitrag bei einem relevanten und wichtigen Projekt leisten. Nur so kann man sie auch nachhaltig überzeugen, in die Projekte ihrer Kirche zu investieren. Für die Zukunft ist es generell wichtig, dass die Kirchengemeinden sich trauen, über Geld zu reden und eigene interne Fundraising-Gruppen gründen, die ihre Projekte voranbringen.
Nicht unbedingt einfach!?
Aber sinnvoll und absolut der richtige Weg. Fundraising in den Kirchen kann ein wichtiger Teil des Gemeindeaufbaus sein, der im Blick auf die negative Entwicklung der Kirchensteuer und des demographischen Wandels immer bedeutender wird. Die Corona-Krise hat die Kirchen zudem finanziell stark getroffen. Man kann das im Moment noch gar nicht richtig beziffern. Das wirkt sich ja auch auf viele kirchliche Werke weltweit aus, die durch Kollekten und Spenden getragen werden. Die Corona-Krise zieht Kreise, die nicht nur uns in Deutschland treffen, sondern auch diejenigen, die in Ländern ohne Sozialversorgung leben und fest mit unserer Unterstützung rechnen.
Umso nötiger ist es jetzt, neben der Kirchensteuer eine weitere wichtige Säule zur Finanzierung der Arbeit entstehen zu lassen. Fehlende Mittel sollten möglichst nicht zu Reduzierung des eigenen Engagements führen. Fundraising steht dabei nie dafür, willkürlich irgendetwas zu machen, sondern ist immer mit einer Strategie verbunden. Es geht um Langfristigkeit.
Warum bist Du nicht in der Kreuzkirche geblieben?
Weil die meisten unsere Gemeinden jemanden brauchen, der so etwas übergeordnet koordiniert. Sie sind personell und finanziell nicht in der Lage, das allein zu stemmen und einen eigenen festangestellten Fundraiser zu beschäftigen. Die Kreuzkirche war da eine Ausnahme, weil sie ein sehr großes Projekt stemmen musste. So ein großes Projekt bekommt man mit Ehrenamtlichen allein nicht gestemmt. Die letzten vier Jahre hatte ich eine halbe Stelle in der Kreuzkirche. Die verbleibende Zeit habe ich in der Verwaltung im Kreiskirchenamt gearbeitet und mich dabei im Wesentlichen mit dem Marketing für Friedhöfe beschäftigt.
Im letzten Jahr habe ich dann eine Kompaktausbildung zum Fundraising-Referenten (FA) der Fundraising-Akademie Frankfurt abgeschlossen. Dazu bin ich regelmäßig zu Präsenzveranstaltungen nach Wuppertal gefahren. Schon während der Ausbildung fasste ich den Entschluss, vollzeitlich in diesen Bereich einzusteigen.
Wie kam es dann zu dem Entschluss der Synode?
Seit einigen Jahren gehöre ich bereits zum Fachforum Fundraising. Das ist ein Treffen aktiver Fundraiser der evangelischen Kirche von Westfalen. Sie koordiniert mehrfach im Jahr diese Zusammenkünfte, um sich auszutauschen, Netzwerke bilden zu können und neue Entwicklungen beim Fundraising innerhalb der Kirche zu diskutieren. Eines kristallisierte sich immer wieder durchgängig und klar heraus: Der Bedarf wächst, sich in Zukunft nicht mehr allein auf die Kirchensteuer zu verlassen. Das zeigt nicht erst die Langzeitstudie, die die EKD in Auftrag gegeben und im letzten Jahr veröffentlicht hat.
Die Gemeinden kommen in diesem Bereich in vielen Fällen nicht alleine weiter. Daher ist es jetzt an der Zeit, so etwas zentral anzubieten. Der Antrag zur Einrichtung der Fundraisingstelle kam aus meiner Sicht zum richtigen Zeitpunkt. Die große Zustimmung bei der Abstimmung, bestätigt dies meines Erachtens.
Mein großes Anliegen ist es, den Gemeinden dabei zu helfen, die zukünftigen Herausforderungen stemmen zu können. Ihnen damit auch Mut zu machen. Sie sollen sich nicht alleingelassen fühlen, sondern wissen, dass sie die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um erfolgreich zu sein. Gerade jetzt nach Corona. Das war ja nicht vorhersehbar und hat die Situation keineswegs besser gemacht.

In welchen Bereichen wirst Du jetzt tätig werden? Wie willst Du beginnen?
Durch die Corona-Krise war jetzt ja alles erst einmal auf Eis gelegt. Das kirchliche Leben war stark eingeschränkt. Der erste Schritt ist nun, dass ich die Gemeinden besuche und mich und meine Funktion einfach einmal vorstelle. Das wird natürlich eine Weile dauern.
Geplant ist, dass ich mir den jeweiligen IST-Zustand derjenigen Gemeinde anschaue, die sich konkret um Unterstützung an mich wendet. Damit habe ich bereits begonnen. Wichtig ist eine individuelle Ziel-Definierung der jeweiligen Gemeinde, die realistisch umzusetzen ist. Dazu muss ich wissen, ob es schon Visionen und Ziele innerhalb der Gemeinde gibt. Überlegungen, die man umsetzen könnte. Das bedeutet auch eine neue Sicht der Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen für das Thema Marketing. Gutes Marketing wird für die Gemeinden immer wichtiger.
Als Einstieg gehört dazu die Standort-Bestimmung: Wie wird man von den BürgerInnen wahrgenommen, wie ist die Einbindung in den jeweiligen Stadtteil, welche Ressourcen sind vorhanden (Mitarbeiter / Gebäude / Finanzen etc)? Hat die Gemeinde sich schon mit Fundraising beschäftigt? Für mich stellt sich dann die Frage: In welchem Bereich kann ich wie genau helfen. Eine meiner Aufgaben wird es definitiv sein, die Gemeinden auch längerfristig zu beraten, zu begleiten und Schulungen anzubieten, um Mitarbeiter im Bereich Fundraising auszubilden. Ziel ist, dass sie möglichst selbstständig in den Gemeinden agieren können.
Es ist für sie zudem wichtig, zu wissen, wie man Strukturen aufbaut, Spenderdaten pflegt und dabei nicht nur „bitte“, sondern auch „danke“ sagt. Wertschätzung gegenüber den Menschen, die sich aktiv einbringen ist auf jeden Fall ebenfalls ein großes Thema.
Was waren Deine Gründe, Dich für die Stelle zu bewerben?
Ich habe in Gemeindekreisen viel Erfahrungen gesammelt und weiß, welche Herausforderungen dieser Job mit sich bringt. Ich wurde ja auch schon während meiner Kreuzkirchenzeit ehrenamtlich in die eine oder andere Gemeinde gerufen und habe sie im Fundraising unterstützt.
Durch die Adaption auf den gesamten Kirchenkreis, werden noch mehr Gemeinden davon profitieren. Das ist mir sehr wichtig, einfach auch deshalb, weil ich möchte, dass uns in unserer Region diese Vielfalt an Kirchengemeinden erhalten bleibt. Wir als Kirche haben einen Auftrag, eine Mission und ich wünsche mir, dass Fundraising hier einen Beitrag dabei leisten kann, dass die Gemeinden dem auch künftig weiter folgen können.
Eine aktive, lebendige Gemeinde leistet zudem einen wichtigen Beitrag zum Leben im Gemeindebezirk und trägt zum spirituellen und kulturellen Leben einer Stadt oder eines Dorfes viel bei. Kirchen sind ja nicht nur Institutionen, sondern in erster Linie für viele Menschen auch Lebensmittelpunkt. Und Anlaufstelle für ihre Sorgen und Probleme. Ich möchte, dass uns allen das erhalten bleibt.
Es war mir zudem schon immer ein Anliegen, den Gemeinden zu helfen. Das läuft nicht von alleine an, die Gemeinden haben dafür auch einfach manchmal nicht die Mittel. Hinsichtlich der sich auftuenden Problematik in der Zukunft, ist es wichtig, sich schon jetzt Gedanken darüber zu machen, wie man diese Probleme auffängt. Mit Fundraising beschäftigt man sich
idealerweise nicht erst, wenn ein Problem auftritt, sondern möglichst schon vorher.
Viele warten nur darauf, dass wir endlich loslegen und uns trauen, neue Wege zu gehen. Ich bekomme viel Zuspruch. Wenn wir nicht als Kirchenkreis daran glauben würden, dass dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, wäre diese neu geschaffene Stelle auch gar nicht möglich gewesen. Ein erster Schritt ist nun getan. Alles Weitere wird sich zeigen.
Wie kann man Dich erreichen?
Ich habe mein Büro im Kreiskirchenamt. Im Referat für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising. Matthias Willnat ist dort schon länger für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Beide Bereiche wurden gezielt zu in einem Referat zusammengefasst, einfach weil es Sinn macht. Das eine beflügelt das andere und umgekehrt. Erreichen kann man mich direkt über das Kreiskirchenamt in der Hohfuhrstraße in Lüdenscheid oder über unsere Webseite.