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„Eine Kümmerin durch und durch“, die fehlen wird
3.10.2020
LÜDENSCHEID + Aus Afrika führte sie vor 16 Jahren der Weg zurück in ihre Heimat: Geboren und aufgewachsen in Altena hatte sich Pfarrerin Barbara Fahl-Njayou 2004 gewünscht, wieder ins Sauerland zu kommen, und trat so eine Stelle beim Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg an. Seitdem war sie in der Gemeinde mitten in der Lüdenscheider Altstadt tätig, zunächst entsandt an die Erlöserkirche, dann an die fusionierte Versöhnungskirchengemeinde. Aber farbenfrohe Gewänder und afrikanische Trommeln blieben genauso ihr Ding wie es die Aufmerksamkeit für die Kindergartenkinder oder die Ruhe und Empathie für die Alten und Kranken sind. Im August begann, von vielen zunächst unbemerkt, der Ruhestand für Barbara Fahl-Njayou. Und auch die offizielle Verabschiedung und Entpflichtung durch den noch amtierenden Supterintendenten Klaus Majoress im Gottesdienst mit den beiden Gemeindepfarrern Jürgen Jerosch und Holger Reinhardt wurde nur im kleinen Kreis gefeiert, allerdings live übertragen über den Youtube-Kanal von überallher, auch aus Afrika, zu verfolgen.
Als „eine Kümmerin durch und durch“ beschrieb Jerosch Barbara Fahl-Njayou bei der Verabschiedung. „Das ist eine Eigenschaft, die uns in vielen Bereichen fehlen wird.“ Auch Lüdenscheids ebenfalls scheidender Bürgermeister Dieter Dzewas würdigte das Engagement der Pfarrerin für die Gemeinde und die Altstadt. Eine Neubesetzung der Stelle wird es nicht geben. „Wir sind alle von Gottes Liebe beschenkt und dürfen diese Liebe aus Dankbarkeit weitergeben“, sagt Barbara Fahl-Njayou selbst über die Bedeutung ihres Glaubens als Motivation für ihre Arbeit. Gefragt nach besonderen Eindrücken der vergangenen Jahre, fallen ihr schöne Krippenspiele oder Familiengottesdienste ein. Auch die Einbindung der Gemeinde in das Quartier Altstadt – mit der Erlöserkirche als „Scharnier“, hat ihr immer gut gefallen. Das hat der Pastorin einen Sitz im Altstadt-Beirat eingebracht.
Seit mehr als 30 Jahren ist Barbara Fahl-Njayou Pastorin. Theologie studiert hat sie in Wuppertal, Göttingen und Straßburg. Es folgte das Vikariat in Bochum. Acht Jahre war sie gewählte Pfarrerin in einer Gemeinde in Gelsenkirchen, bevor sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern für zehn Jahre in Kamerun lebte. Von dort aus hat sie einige Jahre ehrenamtlich im Auftrag der EKD deutschsprachige Gottesdienste gefeiert. Konferenzen führten sie in viele weitere afrikanische Länder, so dass sie den Kontinent gut kennengelernt hat. Ihre Affinität zu Afrika hat sie aber stets behalten und auch in die Gemeindearbeit in Lüdenscheid eingebracht – vor allem mit den Afrikafesten rund um die Erlöserkirche. Die Idee dazu sei aber eher zufällig entstanden, erzählt sie, bei Planungen zu einem Gemeindefest. Mit dem Erlös wird der Verein zur Förderung der Kultur und Wissenschaft in Afrika unterstützt, zu dessen Gründern Fahl-Njayou 1989 gehörte. Dieser fördert Bildungsprojekte in Kamerun. Aktuell steht – coronabedingt – ein Projekt im Fokus, das sich mit der dort heimischen Heilpflanze Artemisia befasst.
In ihrer Arbeit als Pastorin sind Barbara Fahl-Njayou vor allem die Arbeit mit den Menschen und der Austausch untereinander wichtig. Aus so einem Gespräch sind zum Beispiel die regelmäßigen Treffen für pflegende Angehörige entstanden, konfessions- und gemeindeübergreifend. In der Versöhnungskirchengemeinde engagierte sie sich zum Beispiel in der Frauenhilfe und vor allem im Kindergarten und für Senioren. „Schon während des Vikariats habe ich mein Herz für die Arbeit in Altenheimen entdeckt“, erzählt sie. Aber auch die Freude der Kinder, wenn sie sie wiedersehen, sei einfach „herzerwärmend“, sagt Barbara Fahl-Njayou.
Aber auch, wenn nun Schluss ist mit dem Berufsleben – nach einer gewissen Zeit des Abschaltens und Zur Ruhe Kommens, freut sich Barbara Fahl-Njayou freut sich darauf, sobald es die Corona-Pandemie wieder zulässt, den Ruhestand zum Unruhestand werden zu lassen. Möglichkeiten, sich zu engagieren, gibt es für sie viele, sei es als Unterstützung in der Versöhnungskirchengemeinde oder in der Vereinsarbeit für Kamerun. ©BG