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Die Zukunft liegt hinter uns, die Vergangenheit vor uns…

9.5.2021

Das Wort zum Sonntag: Diesmal mit Gedanken von Sebastian Schultz, Pfarrer der Evangelische Christus-Kirchengemeinde Lüdenscheid (Grafik: EKKLP)
Das Wort zum Sonntag: Diesmal mit Gedanken von Sebastian Schultz, Pfarrer der Evangelische Christus-Kirchengemeinde Lüdenscheid (Grafik: EKKLP)

Was für ein Unsinn, das ist doch genau andersherum, mag man beim Lesen dieses Satzes denken. Wir haben die Vergangenheit doch hinter uns gelassen und die Zukunft liegt vor uns! Was sich zunächst wie ein Schreibfehler liest, offenbart sich beim genaueren Hinsehen als tiefe Weisheit. Eine Weisheit, die die Bibel uns überliefert und die uns einlädt, innezuhalten und neu nachzudenken.


Natürlich ist die Vergangenheit zeitlich gesehen hinter uns. Aber sie ist das einzige, was vor unseren Augen ist, was wir wirklich betrachten können. Wir können anschauen, was geschehen ist, welche Erfahrungen wir gemacht haben - mit den Menschen und mit Gott. Die Psalmen laden uns dazu ein, die Vergangenheit zu betrachten. Sätze wie: “Lobe den Herrn meine Seele und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat“ (Ps 103,2) ermutigen uns, unseren Blick auf das Handeln Gottes in unserem bisherigen Leben zu richten. Im Gegensatz zur Zukunft haben wir die Vergangenheit tatsächlich vor Augen. Und normalerweise ist das, was einem vor Augen ist, auch vor einem. Was hinter einem ist, - gewissermaßen mir im Rücken - das können wir nicht sehen. Dort können wir nur ahnen, mutmaßen, hoffen oder befürchten. Die Vergangenheit jedoch liegt vor uns wie ein offenes Buch, aus dem wir lernen und unsere Gegenwart verstehen können. Die Zukunft liegt außerhalb unseres Blickes, quasi in unserem Rücken - hinter uns. Es scheint, als würden wir Menschen rückwärts in die Zukunft gehen. Nicht voraus-sehend, was zeitlich vor uns liegt, sondern stattdessen auf das blickend, was wir bisher gelebt haben.


Was kommt, und das hat uns die Corona Zeit eindrücklich vor Augen geführt, können wir in keiner Weise absehen, nicht einmal wirklich abschätzen. Alle menschlichen Planungen, Prognosen und Prophezeiungen sind letztlich ungewiss.


Gewiss und vor Augen ist, was Gott bisher in unserem Leben getan hat: wie er uns begleitet und geführt hat. Der Psalmbeter nimmt Gottes früheres Heilshandeln in den Blick und kann bekennen: „Der Herr ist meine Stärke und mein Schild“ Ps. 28,7


In dieser frohen Gewissheit kann er in die hinter ihm liegende Zukunft gehen. Sei es auch ein vorsichtiges Vortasten, Schritt für Schritt, in der Gewissheit, dass der mich gehalten hat, wenn ich falle, es auch in Zukunft tun wird.


In diesem Sinne ein fröhliches Rückwärts- Vorwärtsgehen im Vertrauen auf unseren Gott.

Herzlichst Ihr

Pfarrer Sebastian Schultz,

Pfarrer der Evangelische Christus-Kirchengemeinde Lüdenscheid

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