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Hoffnungszeichen
30.5.2021

Die Europaflagge besteht aus einem Kranz von zwölf goldenen Sternen auf blauem Hintergrund. Sie wurde am 29. Mai 1986 - fast genau vor 35 Jahren - erstmals vor dem Sitz der Europäischen Kommission aufgezogen – feierlich zu den Klängen der Europahymne. Diese Flagge ist für mich bis heute: Ein Hoffnungszeichen.
Für Vieles, was Europa eint, interessieren sich nur die Wenigsten. Ich interessiere mich zum Beispiel nicht für den Eurovision Song Contest. Aber letztes Wochenende hat es mich schon gerührt, nach langer Zeit mal wieder unmaskierte Menschen zu sehen, die gemeinsam feiern und für einen Augenblick des Lebens die Leichtigkeit des Seins genießen. Auch das: Ein Hoffnungszeichen.
Monatelang haben wir den Konfirmationsunterricht per Videokonferenz durchgeführt. Als wir unsere Konfis letzte Woche wieder „in echt“ sehen konnten, leuchtete uns nach dem Unterricht ein heller, strahlender Regenbogen vom Himmel entgegen. Ja! Ein Hoffnungszeichen. Ich erlebe, wie die geimpfte Oma ihre Enkel erstmals seit Monaten wieder in die Arme schließt. Was ein Hoffnungszeichen!
„Deine Zauber binden wieder, was die Mode streng geteilt.“, heißt es in Schillers „Ode an die Freude“, die der Europahymne zugrunde liegt. Geteilt hat uns in den letzten Monaten nicht „die Mode“, sondern ein Virus. Doch Hoffnungszeichen sind im Begriff die Teilung zu überwinden. Und auf die erste Strophe des Gedichts folgt der Chor:
„Seid umschlungen Millionen!
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder – überm Sternenzelt
muß ein lieber Vater wohnen.“
Lieber Vater, danke für die Hoffnungszeichen! Ein paar noch… Etwas Geduld… Und dann: „Seid umschlungen Millionen!“ Denn es gibt Hoffnungszeichen.
Ihr Pfarrer Michael Siol

Michael Siol
Pfarrer in den Kirchengemeinden Oberrahmede und Hülscheid-Heedfeld