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"Ich will ansprechbar und präsent sein"

14.6.2021

Der Schalksmühler Michael Siol hat am 1. Mai seine Tätigkeit als Pfarrer im Probedienst in Hülscheid-Heedfeld und in der Oberrahmede aufgenommen. Ehrenamtlich engagiert er sich in der Freiwilligen Feuerwehr und in der Kommunalpolitik. (Foto: Jakob Salzmann)
Der Schalksmühler Michael Siol hat am 1. Mai seine Tätigkeit als Pfarrer im Probedienst in Hülscheid-Heedfeld und in der Oberrahmede aufgenommen. Ehrenamtlich engagiert er sich in der Freiwilligen Feuerwehr und in der Kommunalpolitik. (Foto: Jakob Salzmann)

Von Monika Salzmann

 

SCHALKSMÜHLE + Der Schalksmühler Michael Siol, der bis dato schwerpunktmäßig in der Lüdenscheider Johanneskirche und im Hospiz tätig war, hat am 1. Mai seine Arbeit als Pfarrer im Probedienst in Hülscheid-Heedfeld und in der Oberrahmede aufgenommen. Seine Tätigkeit in der Notfallseelsorge behält er bei. Im Interview stellt er sich selbst, die Arbeit in zwei Gemeinden und seine Vorstellungen von Gemeindearbeit vor.

 

Herr Siol, können Sie kurz Ihren Werdegang schildern?

 

„Ich bin 1985 geboren und im Schalksmühler Höhengebiet aufgewachsen. Ich habe in Bochum studiert und mein Vikariat, also die praktische Pfarrerausbildung, in Hagen absolviert. Seit 2017 bin ich Pfarrer im Probedienst im Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg. Ich habe zuletzt schwerpunktmäßig in der Johanneskirche und im Hospiz gearbeitet und war im Kreiskirchenamt an der Hohfuhrstraße tätig. Ich bin verheiratet und habe vier Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren – wir leben inzwischen wieder in meinem Elternhaus in Schalksmühle-Stallhaus. Ehrenamtlich engagiere ich mich in der Freiwilligen Feuerwehr und in der Kommunalpolitik.“

 

Was hat Sie bewogen, Theologie zu studieren und den Pfarrberuf zu ergreifen?

 

„Ich glaube, da muss einiges zusammenkommen, weil das eine sehr, sehr lange Ausbildung ist. Ein fester Glauben ist sicherlich Bestandteil davon. Ebenso gute Vorbilder und eigene praktische Erfahrung, wie ich sie in der Jugendmitarbeit im CVJM und in der Kirchengemeinde gemacht habe. Kurz vor dem Abitur war auf einmal die Entscheidung klar. Der Weg fühlt sich seitdem gut an. Er hätte an der ein oder anderen Stelle auch andere Weichen nehmen können – mit der Bürgermeisterkandidatur 2014 oder wenn ich Lehrer geworden wäre, was ich mir zwischenzeitlich auch vorstellen konnte. Aber jetzt bin ich Pfarrer und das fühlt sich total gut und richtig an.“

 

Sie werden in zwei Gemeinden tätig sein. Wie werden Sie Ihre Zeit aufteilen?

 

„Wichtig ist, dass ich für die Menschen da bin. Ich bin ansprechbar und präsent. Das ist für mich das Entscheidende – unabhängig davon, wie groß der Bezirk ist, für den ein Mensch zuständig ist. Ansprechbar und präsent zu sein. Hülscheid-Heedfeld und Oberrahmede sind zwei total unterschiedliche Gemeinden. Und auch die Situation, in die ich hineinkomme in diesen beiden Gemeinden, ist nicht miteinander zu vergleichen. In der Oberrahmede unterstütze ich Pfarrer Thorsten Brinkmeier, der seit dem Tod von Monika Deitenbeck-Goseberg die Vakanzvertretung macht. Und ich treffe auf ein Team von Haupt- und Ehrenamtlichen, das mit enormem Engagement seit über einem Jahr das Gemeindeleben im ersten Pfarrbezirk wirklich gut und lebendig gestaltet. In Hülscheid-Heedfeld ist schon lange klar, dass Doris Korte ab dem 1. Mai im Ruhestand sein würde. Doris und ich haben uns zusammen mit dem Presbyterium schon vor langer Zeit Gedanken gemacht, ob das für die Gemeinde und mich das Richtige sein kann. Seitdem sind wir in ständigem Austausch, um den Übergang zu gestalten und zu regeln. Irgendwann wussten wir, dass das nicht in vollem Stellenumfang möglich sein wird. Jetzt ist es eine halbe Stelle.“

 

Heißt das, dass die beiden Gemeinden künftig enger zusammenarbeiten?

 

„Wenn diese Form der Zusammenarbeit auf der Pfarrdienstebene zum dauerhaften Modell wird, dann werden wir sicher enger zusammenarbeiten. Zum Beispiel beim Konfi-Unterricht oder bei Gottesdiensten. Nächstes Wochenende findet schon ein gemeinsamer Zoom-Gottesdienst aus dem Gemeindezentrum Rathmecke statt, zu dem auch die Kirchengemeinde Hülscheid-Heedfeld eingeladen ist. Es ist klar, wenn man sich einen Pfarrer teilt, dann wird es auch Berührungspunkte geben. Es gab diese Kontaktpunkte aber auch schon in der Vergangenheit – durch gegenseitige Vertretungen in den Sommerferien, bei Urlaub und Fortbildungen und früher auch bei gemeinsamen Gemeindefreizeiten. Da bin ich selbst als Kind mitgefahren. Viele Menschen orientieren sich ohnehin mal zu der einen oder anderen Kirche. Es ist durchaus üblich, dass die Leute mal von hier nach da gehen. Das sind ja relativ kurze Wege. Es gibt schon einiges. Ob das ein ausreichendes Fundament für eine dauerhafte Zusammenarbeit ist, wird man sehen. Das werden die Gespräche zeigen. Da sind wir jetzt schon voll dabei, dass sich Vertreterinnen und Vertreter aus beiden Gemeinden beschnuppern.“

 

Sie übernehmen Ihre Tätigkeit in Hülscheid-Heedfeld und in der Oberrahmede vertretungsweise. Was genau bedeutet das und wie geht es weiter?

 

„In meinem jetzigen Status als Pfarrer im Probedienst bekomme ich meine Dienstanweisung vom Superintendenten. Der hat mich beauftragt, in Hülscheid-Heedfeld und in der Oberrahmede die Vertretung zu übernehmen. Dann gucken wir in den nächsten Wochen und Monaten gemeinsam mit den Gemeinden vor Ort und den beiden Pfarrern, Thorsten Brinkmeier und mir, ob das ein Konstrukt ist, das Zukunft hat. Wenn wir alle miteinander zu dieser Entscheidung kommen, dann wird eine Stelle eingerichtet – beantragt, genehmigt, freigegeben und besetzt. Es gibt dabei auch die Überlegung eines Regionalpfarramtes. Dann nimmt man die Gemeinde Rahmede noch hinzu. Und diese drei Gemeinden – Oberrahmede, Rahmede und Hülscheid-Heedfeld – würden eine Region mit zwei vollen Pfarrstellen bilden. Das steht auch im Raum – und das könnte auch ein gangbarer Weg sein.“

 

Corona macht Gemeindearbeit derzeit extrem schwierig. Haben Sie schon eine Vorstellung, wie Sie sich den Gemeinden in dieser schwierigen Zeit vorstellen und Kontakte knüpfen können?

 

„Es finden ganz, ganz viele Sitzungen per Zoom-Videokonferenz statt – nicht nur Gremien, sondern auch Gottesdienste, Gemeindeversammlungen und Konfirmandenunterricht. Dann bin ich natürlich schon in Gesprächen für viele Taufen und Hochzeiten im Sommer – manche werden schon wieder verschoben, aber andere halten noch mutig daran fest. Auch Beerdigungen finden statt. Zu Beerdigungen dürfen zurzeit 30 Leute kommen. Trauergespräche und Sterbebegleitung sind derzeit die einzigen Ausnahmen, was Hausbesuche betrifft. Da gehe ich zu den Leuten nach Hause, während ich mich damit sonst zurückhalte. Auf diese Weise lernt man die Gemeinde schon Schritt für Schritt kennen. Dann kommt die Zeit nach Corona. Und da bauen wir gemeinsam wieder etwas auf. Darauf freue ich mich. Das wird uns auch zusammenschweißen – in den Gemeinden und möglicherweise auch als Kirche in der Region.“

 

Sie haben sicher Ihre eigenen Vorstellungen von Gemeindearbeit. Was konkret wird sich ändern? Was möchten Sie anpacken und wo setzen Sie auf Kontinuität?

 

„Das hängt ganz stark davon ab, was jeweils vor Ort dran ist. Ich habe ganz viele Ideen, die bringe ich ein, damit wir gemeinsam nach einer Lösung gucken. Schon allein wegen der veränderten Stellenkonstellation und der Pandemie wird das Gemeindeleben neu und anders sein. Aber wir gucken, dass wir gute Lösungen finden, um gemeinsam hier lebendig und fröhlich Glauben zu leben und für die Menschen da zu sein.“

 

Freuen Sie sich auf die Herausforderung, die jetzt auf Sie zukommt?

 

„Ja, aber nicht, weil es eine besondere Herausforderung ist, sondern weil mir mein Beruf insgesamt große Freude macht. Als Pfarrer kann man fast immer Menschen weiterhelfen und durch Krisensituationen hindurch helfen. Das ist eine unglaublich sinnvolle Tätigkeit und für mich sehr erfüllend. Das war vorher schon in der Johanneskirche und im Hospiz so und wird jetzt weitergehen.“

 

Sie engagieren sich in der Kommunalpolitik und sitzen als Ratsherr für die SPD im Schalksmühler Gemeinderat. Welches sind die Schwerpunkte Ihrer politischen Arbeit?

 

„Schwerpunkt meiner politischen Tätigkeit ist die Sozial- und Familienpolitik. Platt gesagt setze ich mich dafür ein, dass nicht Herkunft, Bildung oder Portemonnaie der Eltern darüber entscheiden, welchen Schulabschluss ein Kind machen kann. Und ich setze mich dafür ein, dass Menschen unabhängig von dem, was sie mitbringen, eine faire Chance erhalten, die Sprache zu lernen, eine Ausbildung zu machen und echte gesellschaftliche Teilhabe zu erleben. Ich bin Ausschussvorsitzender im Ausschuss für Kinder, Jugend, Schule und Soziales, meinem Steckenpferd, und ständiges Mitglied im Haupt- und Betriebsausschuss.“

 

Vertragen sich Ihrer Meinung nach Politik und Religion?

 

„Ja, beiden geht es um das Wohl der Menschen vor Ort, sowohl der Kirche als auch der Politik. Wir gucken aus unterschiedlicher Perspektive auf dieselben Menschen. Ich glaube, wer die Möglichkeit hat, sich gesellschaftlich zu engagieren, etwas Gutes zu tun und sich einzubringen, sollte das auch tun. Ich erlebe es so, dass die Kirche ganz oft Fragen nach Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit stellt. Diese Fragen werden zum einen von jedem einzelnen beantwortet, durch sein Verhalten, zum anderen werden sie in den Parlamenten beantwortet. Ich bin sowohl beim Fragenstellen als auch beim Antwortgeben dabei. Wenn ich merken sollte, dass ich in Interessenskonflikte oder in zeitliche Konflikte komme, dann hat natürlich der Dienst absoluten Vorrang. Kommunalpolitik ist Ehrenamt. Solange das geht, mach ich das gern weiter. Sollte das wirklich zu Konflikten führen, die ich nicht auflösen kann, würde ich auch die Konsequenzen ziehen.“

 

Was tun Sie, wenn Sie vom Beruf und Ihren vielen Verpflichtungen entspannen möchten?

 

„Ich verbringe total gern Zeit mit meiner Frau und unseren Kindern. Ich spiele gern Fußball und Inline-Hockey, also Mannschaftssportarten. Und ich bin begeisterter Heim- und Handwerker. Ich habe immer das nächste Projekt in Haus und Garten.“

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