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20 Jahre Männerforum
31.10.2022

RÖNSAHL + „Sorgende Männer, Sorgen der Männer, Sorge um Männer“ - So lautete das Thema des Abends, zu dem das Rönsahler Männerforum in Gestalt von Landesmännerpfarrer Martin Treichel vom Fachbereich Frauen-Männer-Vielfalt im Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Landeskirche von Westfalen einen ebenso sachkundigen wie gleichermaßen redegewandten Referenten willkommen heißen konnte.
Bevor jedoch der Gastredner die rund zwanzig an diesem Abend im Evangelischen Gemeindehaus erschienenen Männer im Rahmen eines fachlich fundierten und rundum unterhaltsamen Vortrags einlud zu einem schonungslos offen gestalteten Blick in die Befindlichkeit der Männerwelt – und hier nicht nur die des „modernen“ Mannes von heute, galt es, kurz Rückschau zu halten auf zwanzig Jahre Rönsahler Männerforum. Denn fast genau auf den Tag, so rief Pfarrer i.R. Martin Ahlhaus, seinerzeit selbst „Mann der ersten Stunde“, in Erinnerung, sei es nun her, dass unter dem Dach der Evangelischen Kirchengemeinde im Oktober 2002 das Rönsahler Männerforum erstmals an den Start ging.

Zielsetzung war von Anfang an, ein überkonfessionelles Gesprächsforum für „Männer in Dorf und Stadt“ zu schaffen mit einem offenen Gesprächsangebot über „Gott und die Welt“. Gern erinnerte man sich daran, dass sich unter der fürsorglichen Regie des leider in diesem Sommer verstorbenen früheren Landesmännerpfarrers Heinz-Georg Ackermeier, dem das ehrende Gedenken der Anwesenden galt, rasch ein festes Gremium fand, das fortan die Geschicke des Männerforums lenkte und bei den jährlich zweimal anstehenden Treffen der jeweils 25 bis 30-köpfigen Gruppe den Blick weit über die Grenzen des eigenen Kirchturms hinaus richtete. Eine Vielzahl von jeweils prägnanten Themen, die Begegnung mit namhaften Vertretern aus Politik, Wirtschaft und öffentlichem Leben, man war unter anderem zu Gast in einer Synagoge und pflegte den Austausch mit anderen Glaubensrichtungen, schärften den Blick auf andere Menschen, die Welt – und sich selbst.
Dass auch das Thema dieses Abends „Sorgende Männer, Sorgen der Männer, Sorgende Männer“ gut gewählt war und praktisch wie angemessen zur gegenwärtigen äußerst prekären Weltlage passte, zeigte sich schon bald. Dabei blieb nicht verborgen, dass das Selbstvertrauen von Männern sich gerade ändert. Lange Zeit nämlich, so befand der Referent, war der starke, unabhängige Mann das Maß aller Dinge. Zu sorgen hatte er allenfalls für das Geld auf dem Konto, das Auto in der Garage und genug Bier im Keller. Doch das reicht vielen Männern längst nicht mehr. Sie wollen nicht nur Ernährer sein, sondern umfassend Verantwortung in Familie und Gesellschaft übernehmen, mehr Zeit für Beziehungen haben, sich mehr in der Erziehung engagieren und mehr in der Pflege arbeiten.
Was das alles mit Männern macht und wie sich das Bild von Männern (und Frauen) ändert, fasste Landesmännerpfarrer Martin Treichel in einem gut einstündigen Vortrag mit Frage- und Antwortmöglichkeit zusammen. Dies, nachdem sich die diskussionsfreudige Runde zuvor mit einer zünftigen Brotzeit gestärkt hatten.

Anhand von mehreren Beispielen, so der Rezension des Buches „Was Männer kosten“ des Wirtschaftswissenschaftlers Boris van Heesen wurde aufgezeigt, dass Männer im Vergleich zu Frauen wesentlich höhere Kosten verursachen, dies, weil sie wesentlich weniger zum Arzt gehen, sich weniger bewegen und schlechter ernähren. So sitzen in deutschen Gefängnissen fast 94 % Männer und verursachten dadurch Mehrkosten von gut drei Milliarden Euro. Aber: So nüchtern von Heesen diese Rechnung aufmacht, so differenziert ist seine Interpretation: Männer sind nicht nur Täter sondern auch Opfer einer rollenstereotypen Sozialisationstradition. Die Konsequenz: Macht, Bedeutung und Härte bezahlen Männer mit geringerer Lebenserwartung als Frauen.
Im Rahmen einer sich anschließenden regen Diskussionsrunde folgten eine Reihe praktikabler Hinweise darauf, wie Männer eben diesen nur scheinbar „naturgegebenen“ geschlechtsspezifischen Nachteilen erfolgreich begegnen können. Die Bereitschaft des Mannes, selbst Verantwortung für das eigene Wohlbefinden, das der eigenen Familie und von Mitmenschen zu übernehmen und verantwortungsbewusstes Handeln in allen Lebenslagen, dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der unsicheren Weltlage, galten als Hinweis darauf, wie „Mann“ den unterschiedlichen Sorgenfeldern unserer Zeit begegnen kann. ©cr