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Leben eines Lüdenscheiders: "Spinnewipp"
4.11.2022

LÜDENSCHEID + Einen Interessanten Abend erlebte der Männerkreis der evangelischen Kirchengemeinde Oberrahmede am Dienstag im Gemeindezentrum Rathmecke. Matthias Wagner stellte ihm die Lebensgeschichte des gebürtigen Lüdenscheiders Egon Neuhaus vor, die 2009 – ein Jahr nach seinem Tod – als autobiographischer Roman erschienen ist. Vorher war er durch Radiobeiträge, Veröffentlichungen in Zeitschriften und das Sammeln von Zeitdokumenten hervorgetreten. Sein „besonderes Stück autobiographischer Literatur“ steht für das Leben all jener, die in der Zeit des Nationalsozialismus, in der Kriegs- und Nachkriegszeit „ganz unten“ waren.
Neuhaus, genannt „Spinnewipp“, weil er ungewöhnlich dünn war, wurde 1922 in Lüdenscheid geboren und wuchs zunächst an der Winkhauser Straße auf. Als die Ehe seiner Eltern zerbrach, kam er ins Städtische Kinderheim. Er besuchte die Westschule. Seine verschiedenen Stationen in Lüdenscheid unterstrich Wagner mit historischen Fotos von Ansichten aus der Bergstadt in den zwanziger und dreißiger Jahren. In den Erziehungsanstalten, die den „Spinnewipp“ aufnahmen, fiel er schon früh durch seinen rebellischen Geist auf. Während seines Militärdienstes geriet er 1945 in russische Gefangenschaft.
Als er 1947 zurückkehrte, hatte er Schwierigkeiten, sich wieder in Lüdenscheid zurechtzufinden. Er zog nach Dortmund, wo er sich unter anderem als Schrottsammler betätigte. Schließlich verließ er den Luftschutzbunker, in dem er wohnte und „sagte dem Kohlenpott ade“. Seine letzte Lebensstation war München, wo das Stadtarchiv eine Vielzahl seiner gesammelten Zeitdokumente aufnahm. Nach seinem spannenden Vortrag musste Matthias Wagner noch manche Frage beantworten. ©ih