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Storytelling: Passion und Ostern mal anders
4.4.2023
SCHALKSMÜHLE + Die Gegenstände, die der Theologe, Geschichtenerzähler, Coach und Dozent Joachim Zwingelberg seinen Protagonisten zuordnet, sind sorgsam gewählt. Eine Geldschatulle und Judas, ein Kerzenständer und Kaiphas, eine Schüssel zum Händewaschen und Pilatus sowie Handschellen und Barabbas gehören da zusammen. Eine Uhr steht zudem für den stillen Beobachter/Kommentator, der sich Gedanken darüber macht, wie es wohl im Himmel zugegangen ist, als Jesus auf die Erde kam und sein Erlösungswerk vollbrachte. Wer er ist, bleibt ein Geheimnis. Ein Engel? Vielleicht. Spannend, lebendig und tiefgründig erzählte Joachim Zwingelberg am Mittwoch im Kulturzentrum 8Giebel die Ostergeschichte aus Sicht von Judas, Kaiphas, Pilatus und Barabbas. Auf Einladung der Schalksmühler Kirchen und Gemeinden, in deren Namen Pastor Sebastian Göpfert (FeG) den Geschichtenerzähler in Schalksmühle willkommen hieß, versetzte Zwingelberg in seinem Programm „Eine Frage des Blickwinkels“ in die biblischen Figuren, die am Verrat, der Verhaftung und der Verurteilung Jesu beteiligt waren, hinein.
Eindringlich, bewegend und anrührend spürte vor dem farbig angestrahlten Kreuz im Hintergrund den Beweggründen, Gedanken, Ängsten, Zweifeln und Emotionen seiner Protagonisten nach und ließ sie ihr Handeln erklären. Am deutlichsten trat der Grund für das Leiden und Sterben Jesu in der Geschichte des verurteilten Mörders Barabbas, der es nicht fassen konnte, dass Jesus die für ihn bestimmte Strafe auf sich nahm, hervor. Eingerahmt von Worten des „Engels“, der am Ende die Frohe Botschaft „Jesus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden“ verkündete, erlebten die Besucher im gut gefüllten Saal aufrührerische, enttäuschte, von sich eingenommene, Schuld von sich schiebende und reumütige Ich-Erzähler, die ihr Handeln zu rechtfertigen suchten.
Gleichsam nebenbei wurde die Zeit – Judäa von den verhassten Römern besetzt, Aufstand in der Luft und Messias-Erwartung – lebendig. In Judas, dem Verräter, erklärte sich ein Mensch, der von Jesus anfangs fasziniert war, sich innerlich jedoch mehr und mehr von ihm distanzierte, weil er nicht die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllte und sich an die Spitze eines herbeigesehnten Aufstands gegen die Römer setzte. „Wir hätten gewinnen können“, sinnierte ein zerknirschter Judas, der versicherte, Jesu Hinrichtung nicht gewollt zu haben. „Es war die perfekte Stimmung für einen Aufstand.“ Das Geld, das er für seinen Verrat erhalten hatte, wollte er am Ende nicht mehr. Kaiphas, der Jerusalemer Hohepriester, weigerte sich, in dem „Bauernlümmel“ Jesus den Messias zu sehen. „So sieht doch nicht der Sohn Gottes aus“, wetterte er. Wie sich herausstellte, steckte verletzte Eitelkeit hinter seinem Hass. „Bei mir war der nicht einmal.“ Ähnlich eindringlich erweckte Joachim Zwingelberg einen überforderten, Aufstände und den römischen Kaiser fürchtenden Pilatus und den verurteilten Mörder Barabbas, den die aufgepeitschte Menge freipresste, zum Leben. „Er hat meine Schuld getragen. Ich durfte frei sein“, bekannte Barabbas fassungslos. Die Emotionen hinter den Fakten, wie in der Bibel erzählt, spürte Zwingelberg auf. ©ms