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Ziel ist immer die Abstinenz
24.1.2024
Ob Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit, Essstörungen, Spiel- oder Arbeitssucht – der erste Schritt, dem Teufelskreis der Abhängigkeiten zu entkommen, ist der schwerste. Helfen können Gabi Partmann und Dagmar Schröder von der Suchtberatungsstelle des Diakonischen Werkes in Lüdenscheid. Ab 1. Februar bieten sie in der Beratungsstelle an der Lessingstraße 15 einen neuen Kurs an.
Die beiden ehrenamtlichen Suchtkrankenhelferinnen haben im Laufe der Jahre viele Frauen und Männer erlebt, die an ihrem absoluten Tiefpunkt angekommen waren. Vielen haben sie in dem Kurs, der ein Jahr dauert, neue Perspektiven eröffnet und sie dazu bewegt, ihr Leben zu ändern.
Egal um welche Abhängigkeit es sich handelt: Ziel ist immer die Abstinenz, auch schon während des Kurses. Nur wer dauerhaft enthaltsam lebe, habe eine realistische Chance, dem Teufelskreis zu entkommen, sagen Gabi Partmann und Dagmar Schröder.
Zwölf Jahre Erfahrung
Wer zu ihnen kommt, kann sich auf sie verlassen. Beide haben inzwischen fast zwölf Jahre Erfahrung und haben in dieser Zeit viele Menschen mit den unterschiedlichsten Abhängigkeiten erlebt. „Außerdem stehen wir im engen Kontakt mit den Fachfrauen der Suchtberatungsstelle und haben selbst an einigen Schulungen teilgenommen“, sagen die beiden Frauen.
Was oft vergessen wird: Auch die Angehörigen der Suchtkranken leiden. Viele von ihnen gehen auf dem Zahnfleisch und machen sich für ihre Partner kaputt. Auch sie müssen ihr Leben ändern, sonst hat der Abhängige keine Chance. Oft seien es diese Co-Abhängigen, die den ersten Schritt wagten und sich bei der Suchtkrankenberatungsstelle meldeten. „Auch sie sind in der Informations- und Motivationsgruppe willkommen“, betonen Gabi Partmann und Dagmar Schröder.
Für alle Beteiligten herrscht Schweigepflicht
Der Name der Gruppe ist dabei Programm: Information und gegenseitige Motivation stehen im Mittelpunkt. In den ersten Wochen geht es um Sachthemen rund um Sucht und Rückfall. „So versuchen wir langsam Vertrauen aufzubauen und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Reden zu bringen“, sagt Dagmar Schröder. Manchmal verhinderten in der ersten Zeit Scham und Scheu, dass sich die Menschen in der Gruppe öffneten. „Dabei haben ja alle das gleiche Problem und zeigen viel Verständnis.“ Im Laufe der Zeit, so die Erfahrung, entwickele sich aber ein gegenseitiges Vertrauen. „Dann sprechen die Menschen auch über ihre ureigensten Probleme.“ So können Gabi Partmann und Dagmar Schröder herausfinden, warum die Abhängigen die Kontrolle über ihr Leben verloren haben. „Die Sucht ist ja immer nur ein Symptom für ein tieferliegendes Problem.“ Für die beiden Frauen sowie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gilt übrigens ein eisernes Gebot: Es herrscht die Schweigepflicht aller Beteiligten. Nichts verlässt die Gruppe.
Positive Rückmeldungen sind der Lohn
Gabi Partmann und Dagmar Schröder wollen Menschen helfen, denen es schlecht geht, weil sie keinen Ausweg mehr wissen. „Das ist unser Antrieb.“ Die positiven Rückmeldungen der Betroffenen und der Fachberaterinnen sind ihr Lohn. Dagmar Schröder erinnert sich an einen therapeutischen Segeltörn. „Als ich gesehen habe, dass einer der Teilnehmer vor Glück strahlte, war ich selber glücklich.“
Katrin (Name geändert) hat 2018 in der Gruppe Kraft für das Leben mit ihrem alkoholabhängigen Mann getankt, der sich zu diesem Zeitpunkt in einer Therapie befand. „Ich musste mich ändern und stärker werden“, berichtete sie 2018 in einem Gespräch. Das Leben mit ihrem suchtkranken Mann habe sie sehr geschwächt. In der Gruppe habe sie neues Selbstbewusstsein gewonnen. Und auch die Rolle, die sie lange in ihrer Ehe eingenommen habe, habe sich stark verändert. „Wenn mein Mann seine Therapie abgeschlossen hat, hat er eine neue Partnerin“, lachte sie damals. Katrin war zuversichtlich, dass der Kurs auch ihre Ehe stärken werde.
„Nur du allein kannst es schaffen. Aber du schaffst es nicht allein.“ Diese beiden Sätze unterschrieb sie damals ohne Einschränkungen. Der Kontakt zu den Mitgliedern der Gruppe habe ihr Leben noch in anderer Weise bereichert. „Früher hatte ich viele Bekannte“, sagte sie. „In der Gruppe habe ich drei wirkliche Freundinnen gefunden.“
Wer ab 1. Februar an der Informations- und Motivationsgruppe teilnehmen will, muss sich zuvor unter Telefon 02351/907457 persönlich anmelden. Jeder kann teilnehmen, unabhängig von Herkunft und Religion. Die Mitarbeitenden der Beratungsstelle sind gesetzlich schweigeverpflichtet. Die Beratung ist kostenfrei.
Zum Angebot gehört auch das Café „Sprungbrett“. Die regelmäßigen Treffen finden jeweils freitags von 19 bis 21.45 Uhr in den Jugendräumen (obere Etage) des Gemeindehauses der Erlöserkirche statt. Hier ist Zeit zum Abschalten, Spielen und für Gespräche im Kreis Gleichgesinnter.