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Von A bis Z
17.3.2025

Von Hartmut Damschen
PLETTENBERG + Wenn etwas aus dem Gleichgewicht kommt, muss ausbalanciert und gegengesteuert werden. Die Ursachen, wie es zu dem Ungleichgewicht gekommen ist, sind lange bekannt. Vergleichbar mit einem Verein, wo die Mitglieder schwinden, die Älteren noch „bei der Stange bleiben“, die Kassen Schwindsucht bekommen und wo, vielfach mehr gefühlt als real, nichts mehr los ist. Solcher Vereine sind anscheinend auch die Kirchengemeinden in der heutigen Zeit.
Johannes Westhoff, Gemeindereferent der Evangelischen Kirchengemeinde Plettenberg, hatte mit seiner Liedauswahl „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ genau das getroffen, was das Thema im Dietrich-Bonhoeffer-Haus war. Die Kirchengemeinde im Ringen um das Bestehen. In dem Lied ist von Sturm, Angst, Not, Gefahr und Verzweiflung die Rede, aber auch von Hoffnung, Kampf und Sieg. „Ein jeder stehe, wo er steht, und tue seine Pflicht, wenn er sein Teil nicht treu erfüllt, gelingt das Ganze nicht.“, heißt es in der 3, Strophe. Genau darum geht es jetzt aktuell in den Kirchengemeinden. Trotz der finanziellen Not in den kirchlichen Kassen, oder gerade deswegen, muss das Ruder herumgerissen werden, damit das Schiff Gemeinde im Sturm nicht sinkt.
Perspektivisch muss der Haushalt der Kirchengemeinde Plettenberg einen ausgeglichenen Bestand ausweisen. Auch wenn aktuell und in den kommenden Jahren mit einem Defizit geplant wird, müssen Einnahmen und Ausgaben sich spätestens im Jahr 2028 wieder die Waage halten. Ein schwieriges Unterfangen, wenn die Einnahmen sinken (zurzeit im Schnitt jährlich 150 Gemeindemitglieder weniger durch Versterben oder Austritt) und die Ausgaben steigen (Heizung, Baukosten zum Erhalt der kirchlichen Gebäude, Reparaturen usw.).

Um eine Verschuldung beziehungsweise ein drohendes Haushaltssicherungskonzept zu vermeiden, hat das Kreiskirchenamt entsprechende Vorschläge erarbeitet mit sogenannten Kooperationsräumen, in denen sich die darin zusammengefassten – aber immer noch eigenständigen - Gemeinden in einem Verbund ergänzen sollen.
Im Kooperationsraum 2 sind die Kirchengemeinden Neuenrade (1 Kirche, 1 Gemeindehaus), Werdohl (2 Kirchen, 2 Gemeindehäuser), Ohle (1 Kirche, 1 Gemeindehaus), Eiringhausen (1 Kirche, 1 Gemeindehaus) und Plettenberg (5 Kirchen und 4 Gemeindehäuser) erfasst. Dabei ist Plettenberg mit seiner im Vergleich großen Vielzahl an Kirchen und Gemeindehäusern mit der Anzahl an Gemeindemitgliedern schwer unter Druck. Das schlägt sich auch in der Planung des Kreiskirchenamtes nieder. Die darin angestrebten Einsparungen bedeuten ganz konkret den Verzicht auf Kirchen und der Kirche gehörenden Gebäude. Die Planung sieht an der Stelle Abschiedsgebäude und Zukunftsgebäude vor. Sie wurden in der Auflistung mit einem A oder Z bezeichnet.
Abschiedsgebäude in der Ev. Kirchengemeinde Plettenberg wären nach dem Plan des Kreiskirchenamtes die Gemeindehäuser Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Lehmkuhler Straße 16, sowie die multifunktionalen Räume in der Martin-Luther-Kirche und Erlöserkirche.
Abschiedsgebäude bei den Kirchen sind laut kreiskirchlicher Planung die Böhler Kirche, die Martin-Luther-Kirche, die Erlöserkirche und die Dreifaltigkeitskirche.

Als Zukunftsgebäude wurden das Gemeindehaus Kirchstraße 2 und die Christuskirche benannt. Ein herber Einschnitt, der die Gemeinde näher zusammenführen wird. Eine Kostprobe davon gab es in der Coronazeit mit der Winterkirche.
Im o.g. Lied vom Schiff als Gemeinde war auch von Hoffnung, Kampf und Sieg die Rede. In Sorge um die Gestaltungsmöglichkeiten der eigenen Kirchengemeinde wollte das Presbyterium den vorgegebenen Weg nicht gehen. So sollen nach dem Gegenvorschlag des Gremiums nicht nur die Christuskirche und das Gemeindezentrum Kirchstraße 2, sondern auch die Martin-Luther-Kirche in Holthausen und das Dietrich-Bonhoeffer-Haus (DBH) zu Zukunftsgebäuden werden. Peter Winkemann, 1. Vorsitzender des Presbyteriums erklärte: „Wir wagen also sehr deutlich stärker präsent zu bleiben, als es uns angeraten wird. Das ist schon eine klare Entscheidung für die Kirchengemeinde und die kirchliche Landschaft in Plettenberg. Wir gehen nicht einfach so in den vorgezeichneten Rückbau, sondern versuchen, so intensiv vor Ort zu bleiben, wie wir es können. Natürlich hoffen wir, dass wir das finanziell stemmen können. Aber auch auf dieser Ebene arbeiten wir ja intensiv.“

In alle Überlegungen wurden die generelle Situation mit ihren Einflussfaktoren in der Gemeinde einbezogen. Als bestimmende Faktoren wurden hier Mitgliederrückgang, weniger Nutzung der Gebäude, Sanierungsaufgaben, weglaufende Kosten, die drohende und unweigerlich kommende neue Finanzsatzung mit noch geringeren Zuweisungsbeträgen aber auch kommerzielle Nutzung von Kirchengebäuden mit Einnahmen aus Veranstaltungen (beispielsweise im DBH), enge Beziehungen der Menschen an verbindenden Orten und nicht zuletzt die emotionale Seite im Geschehen berücksichtigt. Die Frage aus dem Plenum: „Sind jetzt alle nur Verlierer?“ beantwortete Kirchmeister Knut Brösecke: „Nein, nur wer aufgibt, hat verloren. Wir kämpfen.“ Gemeinsam mit Peter Winkemann standen sie den im Verhältnis zum Thema wenig erschienen Gemeindemitgliedern Rede und Antwort bei den dann doch auftauchenden Fragen. Winkemann betonte: „Wir (das Presbyterium, Anm. d. Red.) standen vor einer schweren Aufgabe und haben es uns nicht leicht gemacht. Es waren teilweise sehr emotionsreiche Debatten. Es hat weh getan, doch der Weg ist vorgezeichnet und wir gehen ihn.“