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Neuer Vikar der Evangelischen Johanneskirchengemeinde Lüdenscheid: John Steven Hick

25.5.2021

John Steven Hick – der neue Vikar der Evangelischen Johanneskirchengemeinde Lüdenscheid. (Foto: Iris Kannenberg)
John Steven Hick – der neue Vikar der Evangelischen Johanneskirchengemeinde Lüdenscheid. (Foto: Iris Kannenberg)

von Iris Kannenberg

 

John Steven Hick ist der neue Vikar in der Evangelischen Johanneskirchengemeinde Lüdenscheid. Er ist 30 Jahre jung und stammt aus Kamp-Lintfort. Er ist ein halber Engländer, wie sein Name unschwer erkennen lässt. Sein Vater wagte in den 80er Jahren einen Neuanfang in Deutschland und hatte damit Erfolg. John Steven wuchs zweisprachig auf und darf sich heute über eine Familie freuen, die sowohl in Deutschland als auch in England fest verwurzelt ist.

 

Nach Westfalen führte ihn – wie kann es anders sein – die Liebe. Seine Frau Christin Hick ist seit Mai 2020 gewählte Pfarrstellen-Inhaberin der Evangelischen Jakobus-Kirchengemeinde in Breckerfeld. Mit ihr ist er seit November 2019 verheiratet. Die beiden wohnen heute zusammen in Breckerfeld. Verständlich, dass er in ihrer Nähe bleiben wollte. Die Landeskirche sah das genauso und bot ihm daher das Vikariat in Lüdenscheid Heedfeld an.

 

Wann bist Du als neuer Vikar in der Johanneskirche gestartet?

 

Ich bin seit dem 1. Oktober 2020 dabei. Die ersten Monate war ich jedoch an der Grundschule Lösenbach. Die neuen Vikare sollten sich erst einmal auf Wunsch des Seminars komplett auf die Schule konzentrieren. Daher ist der 1. März quasi auch mein erster Tag in der Johanneskirche. Seitdem habe ich die Möglichkeit, das Gemeindeleben dort richtig kennenzulernen. Worüber ich mich sehr freue.

 

Das Gemeindeleben ist im Moment ziemlich eingeschränkt durch Corona.

 

Das stimmt. Aber ich habe ich z.B. die Möglichkeit, bei den Video-Dreharbeiten für unseren Online-Gottesdienst mit dabei zu sein. Dort nutze ich die gute Gelegenheit, Gemeindemitgliedern persönlich zu begegnen. Irgendwie gehört ja Corona mittlerweile schon zum Leben dazu. Ich habe daher viele Menschen im Kirchenkreis erst einmal digital kennengelernt. Auch das ist fast schon Normalität. In der derzeitigen Situation ist es schwierig und ungewohnt, ins Vikariat zu gehen. Aber auch eine riesige Chance, in so einer Extremsituation ausgebildet zu werden. Wir lernen gerade als Kirche, in einer Pandemiesituation zu leben. Und dürfen dabei unseren Horizont deutlich erweitern.

 

Was meinst Du damit genau?

 

Ich möchte zuerst einmal lobend würdigen, wie schnell und flächendeckend es den Kirchen gelungen ist, Online-Angebote wie z.B. die digitalen Gottesdienste bereit zu stellen. Aber nicht nur das. Es gibt nach nur einem Jahr ein vielfältiges Angebot unterschiedlichster kirchlicher Formate, die man digital besuchen kann. Das ist durchaus auch die Möglichkeit, viele unterschiedliche Veranstaltungen wahrzunehmen, zu denen man es sonst wahrscheinlich nicht geschafft hätte. Die Hemmschwelle, irgendwohin zugehen und lange Fahrtwege auf sich zu nehmen, fällt jetzt einfach weg.

John Steven Hick vor der Johanneskirche. (Foto: Iris Kannenberg)
John Steven Hick vor der Johanneskirche. (Foto: Iris Kannenberg)

Was fehlt Dir persönlich in der Corona-Situation am meisten?

 

Gemeinsamer Gottesdienst mit vielen Menschen. So wie es vor einem Jahr noch war. Ich habe die Hoffnung, dass wir 2021 an einem richtigen Weihnachtsgottesdienst teilnehmen können. Gerade die Gottesdienste in der Weihnachtszeit 2020 haben mir sehr gefehlt. Überhaupt: Den letzten regulären Gottesdienst, der so war, wie ich ihn kenne, habe ich am 8. März besucht. Dann kam Corona und seitdem ist alles anders.

Zudem fehlt mir das gemeinsame Musikmachen, das Singen in der Kirche. Wir befinden uns als Kirche momentan gezwungenermaßen auf einer langen Durststrecke und es stellt sich natürlich für uns alle die Frage, wie viel man dadurch gerade verliert. Ich bin auch ein Riesenfan vom Kirchencafé. Davon, dort Gemeinschaft zu haben, nach dem Gottesdienst noch zu reden, einen Kaffee zu trinken und sich auszutauschen. Ich mag es einfach, in der Gemeinde zu sein. Das fehlt mir gerade sehr.

 

Was hat Dich an der Johanneskirche so überzeugt?

 

Ich fand in der Johanneskirche so schön, dass gerade dort so eine enge Gemeinschaft gepflegt wird. Die Gemeinde erinnert mich zudem an meine Heimatgemeinde in Kamp-Lintfort. Ich hab mich gleich zu Hause gefühlt.

 

Siehst Du in der jetzigen Situation auch etwas Positives?

 

Es ist wichtig, für sich die richtigen Lehren aus der jetzigen Situation zu ziehen. Es gibt da durchaus Positives. Ja. Ein Beispiel: Es war das erste Mal, dass ich im Winter nicht stark erkältet war. Man kann schon viel bewirken, wenn man sich seiner eigenen Gesundheit bewusst wird und auf seinen Körper hört. Was wir sicher alle gelernt haben: Man darf auch mal krank sein, man darf sich auch mal auskurieren. Ich finde es auch gut, dass Homeoffice jetzt möglich ist. Was jahrelang als undenkbar galt, obwohl wir schon lange die Möglichkeiten dazu hatten. Wir sind viel flexibler geworden durch die Anforderungen der Pandemie. Es ist spannend zu sehen, wie sich Prioritäten innerhalb eines Jahres so stark verändert haben.

 

Siehst Du auch die Veränderungen innerhalb der Kirche so positiv?

 

Kommt darauf an, welchen Aspekt man betrachtet. Ich bin - wie gesagt - ein großer Fan von echtem Gemeindeleben. Andererseits es ist aber auch spannend, wie digital die Kirche geworden ist. Für die Kirche war es richtig und wichtig, diesen Schritt ins Internet zu gehen. Sie öffnet sich damit auch für Menschen, die normalerweise keinen Schritt in ein Kirchengebäude gesetzt hätten.

 

Wie haltet Ihr das in Eurer Kirche?

 

In der Johanneskirche wird der Gottesdienst aufgezeichnet. Meistens Samstag. Und dann wird er sonntags hochgeladen auf YouTube. Wenn man sich überlegt, wie viel Arbeit es ist, einen Gottesdienst aufzuzeichnen, dann ist das schon eine großartige Leistung. Dafür wurde man ja nicht ausgebildet. Gottesdienste drehen und online zu gehen, war nie Teil der Jobbeschreibung. Natürlich gab es auch davor Pfarrer, die im Fernsehen aufgetaucht sind. Beim Fernsehgottesdienst z.B.. Das war jedoch sehr begrenzt. Jetzt muss fast jeder Pfarrer ganz persönlich die Erfahrung machen, wie das ist, in eine Kamera zu schauen. Man muss dabei Dinge auf dem Schirm haben, an die man sonst gar nicht denkt: Rede ich deutlich, wie muss ich mich bewegen? Es ist auch wichtig, wie die Kirche von innen aussieht. Passt die Deko zu den jeweiligen Themen der Sonntage? Sind die Blumen frisch. Solche Sachen eben, die früher oft gar nicht aufgefallen sind.

 

Du machst auch Musik?

 

Total gerne. Ich habe im Studium im Chor gesungen und war Teil der Kirchenband in Breckerfeld. Privat spiele ich Gitarre und Klavier. Und singe. Ich mag auch das liturgische Singen, das ein Teil der Ausbildung zum Pfarrer ist. Je länger allerdings die Ausbildung unter Corona Bedingungen läuft, desto geringer ist die Chance, so etwas zu üben. Das stelle ich mir auf Dauer schwierig vor.

 

Gibt es noch andere Bereiche Deiner Ausbildung, die davon beeinflusst werden?

 

Es ist natürlich schwierig, Menschen zu besuchen. Ein ganz wichtiger Teil des Pfarramtes, ist im Moment fast unmöglich auszuüben. Eigentlich sucht man ja den Kontakt zu den Menschen, begleitet sie in ihren Nöten, plant Hochzeiten und Taufen oder Konfirmationen. Gerade Senioren leiden jetzt an der Situation. Sie können nicht mehr in ihren Seniorenkreis und fühlen sich einsam. Allerdings: Wenn Corona uns eines lehrt, dann ist es, zu improvisieren. Wir sind nach diesem Jahr jetzt topp geschult darin. Nichts ist mehr sicher. Man kann nicht mal mehr genau wissen, was nächste Woche ist. Und genau das ist ein großer Ansporn, neue Wege zu suchen und sie auch zu gehen.

 

Warum willst Du eigentlich Pfarrer werden?

 

Gute Frage. Ich bin ein echtes Gemeindekind und hab viel in der Kinder- und Jugendarbeit mitgearbeitet. Auch in leitender Funktion. Eigentlich wollte ich Grundschullehrer werden. Ich bin aber nicht in dieses Studium rein gekommen und hing so ein bisschen zwischen allen Stühlen. Genau in dieser Situation wurde ich von meiner Gemeinde gefragt, ob ich mich nicht als Presbyter aufstellen lassen wolle. Das hat mich angesprochen und ich habe ja gesagt. Bei einer Klausurtagung saß ich dann in einer Andacht und hatte soviel Spaß und Freude daran, dass ich mich gefragt habe, warum ich eigentlich nicht Pfarrer werde. Wo der Glauben doch genau das ist, was mir wirklich wichtig ist.

 

Ich habe mich nach dieser Erkenntnis dann an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal immatrikuliert und habe es nie bereut. Ich durfte schon in viele Bereiche des Pfarramtes hineinschnuppern und freu mich sehr darauf, jetzt endlich loslegen zu können. Das Pfarramt ist ein Beruf, der sehr vielseitig ist und unfassbar erfüllend. Man hat die Möglichkeit mit so vielen unterschiedlichen Menschen zusammen zu sein, so viele Erfahrungen zu machen und immer wieder etwas Neues dazuzulernen.

 

Fühlst Du Dich geführt von Gott?

 

Schon. Ich hatte noch nie einen Moment, an dem ich dachte, ich bin jetzt hier mutterseelenallein. Oder auf dem falschen Weg. Ich hab mich immer geborgen gefühlt. Klar habe ich manchmal auch mit Gott gehadert. Es gibt wohl immer solche Situationen. Aber rückblickend fühle ich mich doch gelenkt und geführt. Früher hätte ich mir das nicht vorstellen können, Pfarrer zu werden. Es ist einfach passiert.

 

Ich kann mir sowieso nicht vorstellen, dass man dieses Studium auf sich nimmt, wenn man nicht Spaß daran hätte, in der Kirche mit anzupacken. Dazu muss man nicht nur den Willen haben, das Studium zu meistern sondern auch den Mut mitbringen, auch mal neues mit einzubringen. Kirche ist nicht statisch. Sie ist immer fließend und in einem Prozess, da sie aus Menschen besteht, die sich verändern. Gleichzeitig gibt es so schöne, geliebte und alte Traditionen, auf die man sich ebenfalls freut! In der Gemeinde wirken zu können, in der Gemeinde Menschen helfen zu können, ist etwas, was diesen Beruf ganz toll und zu einem Privileg macht.

 

Siehst Du die Kirche eher losgelöst vom normalen Leben oder wirkt sie auch aktiv in die Gesellschaft mit ein. Ist Kirche politisch?

 

Sicher. Kirche ist auch politisch. Wir sind Teil der Gesellschaft und profitieren davon, uns als solcher zu verstehen. Daher sind wir aufgefordert, auch über die Gemeinde hinaus zu schauen. Und uns aktiv in der Kommune, in der wir leben, zu engagieren. Wir haben auch als Kirche eine eigene politische Agenda. Z.B. dass Menschen überall gleich geliebt und wertvoll sind. Und dafür treten wir ein und sind die Stimme derjenigen, die abgelehnt und ausgestoßen sind. Das ist durchaus politisch.

 

Wo liegen Deine besonderen Stärken?

 

Ich weiß noch nicht genau, wo beruflich meine Stärken liegen, das werde ich in den nächsten Jahren lernen und für mich herausfinden. Eines ist sicher: Ich möchte Menschen für den Glauben begeistern. Und darin authentisch sein. Denn durch Authentizität erlangen wir eine besondere Attraktivität, die Menschen zu uns zieht. Dazu müssen wir raus zu den Menschen gehen und ihnen zeigen, dass unser Glauben ein Licht und Hoffnung in dunklen Zeiten ist, lebendig und etwas, das felsenfest trägt. Durch alle Bedrängnis. Gerade jetzt.

"Ich möchte Menschen für den Glauben begeistern. Und darin authentisch sein." (Foto: Iris Kannenberg)
"Ich möchte Menschen für den Glauben begeistern. Und darin authentisch sein." (Foto: Iris Kannenberg)

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