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950 Jahre Erlöserkirche

30.9.2021

Seit 950 Jahren steht die Lüdenscheider Erlöserkirche. Dies soll im nächsten Jahr groß gefeiert werden. (Foto: Ingrid Weiland)
Seit 950 Jahren steht die Lüdenscheider Erlöserkirche. Dies soll im nächsten Jahr groß gefeiert werden. (Foto: Ingrid Weiland)

LÜDENSCHEID + Die Erlöserkirche ist die älteste Kirche der Stadt Lüdenscheid. Das Programm zu ihrem 950-jährigen Jubiläum wird im nächsten Jahr stattfinden. Unter anderem ist ein Festgottesdienst geplant, in dem Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, die Predigt halten wird.

 

Das Jubiläum „950 Jahre Erlöserkirche“ wird 2021/22 gefeiert, weil – so Gemeindepfarrer Holger Reinhardt – 1972 eine Festwoche zu ihrem 900. Geburtstag stattgefunden hat. Dies hing damit zusammen, dass man – dem Forschungsstand des frühen 20. Jahrhunderts gemäß – das Jahr 1072 für das Gründungsdatum hielt. Die früheste urkundliche Erwähnung einer Kirche in Lüdenscheid stammt jedoch bereits aus dem Jahr 1067. Sie wurde im Zusammenhang mit einer Schenkung des Erzbischofs Anno II von Köln an das Stift des Heiligen Georg in Köln erwähnt.

 

Der Gemeindepfarrer hat in einer Chronik die Kirchengeschichte Lüdenscheids der Stadtgeschichte gegenübergestellt. Der Turm der Kirche, der im Mittelalter ein Wehrturm war, ist eins der ältesten und wohl auch der bedeutendsten Bauwerke des märkischen Sauerlandes. Eine Besonderheit sind die vielen Eisenanker. Der Turm wird nämlich durch 180 Stück dekorativ in seinem Bruchsteinmauerbestand gesichert. 1785 erhielt er eine gestufte barocke Haube. Schutzpatron der Kirche war der Heilige Medardus, dessen Bild heute noch das Wappen der Stadt Lüdenscheid ziert.

 

Mit der Reformation ging das Medardus-Patrozinium unter. Die Reformation fand in Lüdenscheid relativ spät – erst 1578 unter Pfarrer Johannes Rosenkranz – statt. Es war ein harmonischer Prozess, weil die geistliche und die kommunale Obrigkeit sowie auch die Bürger sich geschlossen dem neuen Bekenntnis anschlossen. Das Gotteshaus in Lüdenscheid wurde als „Stadtkirche“ oder „Kirche“ bezeichnet, bis es 1902, als die Christuskirche erbaut wurde, den Namen „ Erlöserkirche“ erhielt. Mit der 1891 errichteten katholischen Kirche gab es wieder ein dem Heiligen Medardus geweihtes Gotteshaus in Lüdenscheid.

 

Der Vorgängerbau der heutigen Erlöserkirche wurde 1822 wegen Baufälligkeit bis auf den Turm abgerissen. Die heutige Erlöserkirche ist ein klassizistischer Saalbau, den der – übrigens mit einer Tochter des Wirts vom „langen Gang“ verheiratete – Tiroler Baumeister Engelbert Kleinhanz errichtete und der 1826 eingeweiht wurde. Im Innern hat die Kirche Emporen und einen klassizistischen Kanzelaltar, der wahrscheinlich von dem Schinkel-Schüler Adolf von Vagedes stammt. Das Ganze wird als „eine imponierende Formvollendung gleichartiger Kirchenbauten“ bezeichnet. Das Bauwerk konnte nur infolge des Zusammenschlusses der lutherischen Stadt- und der Kirchspielgemeinde entstehen, dem dann noch die Union mit der reformierten Gemeinde folgte.

 

Von der Kirche in Lüdenscheid aus wurden in der Zeit vom 12. bis ins 14. Jahrhundert vier Filialkirchen neu gegründet: in Kierspe, Halver, Hülscheid und Wiblingwerde. Bis 1886 war die heutige Erlöserkirche die Kirche des ehemaligen Kirchspiels und auch der Stadtgemeinde. Bis 1910 entstanden in Rahmede, Oberrahmede, Brügge und Brüninghausen selbständige Kirchengemeinden. 1977 machten Reparaturarbeiten eine Einrüstung des gesamten Turms erforderlich, der nach alten Vorlagen unter anderem auch ein neues Turmkreuz mit vergoldeter Kugel und vergoldetem Hahn erhielt. Nach weiteren Instandsetzungsarbeiten wurde die Erlöserkirche 1979 wieder eingeweiht. Gleichzeitig wurde der Grundstein für das Gemeindehaus am Kirchplatz gelegt.

 

Ein besonderes Ereignis war der Einbau eines neuen Glockengeläuts – finanziert durch den Verein „Glocken für die Erlöserkirche“, der innerhalb von drei Jahren 350.000 Euro an Spenden für diesen Zweck zusammengetragen hatte. Im Jahr 2005 erfolgte die Zusammenlegung der bis dahin selbständigen Erlöserkirchen-, Auferstehungskirchen- und Apostelkirchengemeinde zur Evangelischen Versöhnungskirchengemeinde.

 

Der Weihnachtsmarkts der guten Taten findet seit 1990 alljährlich in der Vorweihnachtszeit statt und zieht Scharen von Besuchern an. (Foto: Ingrid Weiland)
Der Weihnachtsmarkts der guten Taten findet seit 1990 alljährlich in der Vorweihnachtszeit statt und zieht Scharen von Besuchern an. (Foto: Ingrid Weiland)

Am 31. Mai 2016 wurde die „Stiftung Altstadtorgel e.V.“ als gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts anerkannt. Nach dem Umbau der Empore für die neue Baumhoer-Orgel wurde diese 2018 im Rahmen eines Festgottesdienstes geweiht. Für zahlreiche musikalische Ereignisse sorgten im Laufe der vergangenen Jahre Oswald Schrader (1946-1963), Eberhard Eßrich (1963-1978), Mary Sherburne (1980 -2012), und seit 2012 beschert Kantor Dmitri Grigoriev vielen Musikfreunden durch Konzerte und durch die „Musik zur Marktzeit“ immer wieder besondere Erlebnisse.

 

Unzählige Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen, Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten haben bis heute in der Erlöserkirche stattgefunden, und auch besondere Ereignisse wie die Afrikafeste wurden gefeiert. Zahlreiche Pfarrer haben das Gemeindeleben geprägt -in den letzten Jahrzehnten unter anderem Lothar Hellwig (1982-2004) und Barbara Fahl-Njayou (2004-2020). 2015 wurde Pfarrer Friedemann Kölling verabschiedet, die Auferstehungskirche als Gottesdienststätte aufgegeben und die Pfarrelle aufgehoben. Die Pfarrbezirke wurden neu geordnet: in Pfarrbezirk 1 (Pfarrer Jürgen Jerosch) und Pfarrbezirk 2 (Pfarrer Holger Reinhardt). Seit mehr als einem Jahrzehnt besteht die Möglichkeit, im Rahmen der „offenen Kirche“ ab Ostern bis Oktober samstags die Erlöserkirche zu besichtigen, und an jedem ersten Samstag eines Monats können Interessierte sich zudem durch den Turm führen lassen. Bei den „Lüdenscheider Lichtrouten“ wurde die Erlöserkirche schon mehrfach durch den polnischen Lichtkünstler Robert Sochacki stilvoll in Szene gesetzt. Seit 1990 zieht der Weihnachtsmarkt der guten Taten, auf dem die verschiedensten Gruppen rings um die Erlöserkirche Artikel und kulinarische Spezialitäten zugunsten wohltätiger Zwecke verkaufen, in der Vorweihnachtszeit Scharen von Besuchern an. Der Wunsch der Gemeinde besteht darin, dass das oberhalb des Altars angebrachte Jesus-Wort „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ weiterhin für viele Menschen eine wegweisende Bedeutung haben möge. ©ih

Seit mehr als 10 Jahren kann man im Rahmen der „Offenen Erlöserkirche“ von Ostern bis Oktober samstags die Kirche und an dem 1. Samstag eines Monats auch den Turm besichtigen. Das Foto zeigt das Team mit Pfr. Holger Reinhardt (l.) von 2015 mit den Broschüren mit Informationen über die Kirche. (Foto: Ingrid Weiland)
Seit mehr als 10 Jahren kann man im Rahmen der „Offenen Erlöserkirche“ von Ostern bis Oktober samstags die Kirche und an dem 1. Samstag eines Monats auch den Turm besichtigen. Das Foto zeigt das Team mit Pfr. Holger Reinhardt (l.) von 2015 mit den Broschüren mit Informationen über die Kirche. (Foto: Ingrid Weiland)

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