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Musik alter Meister
25.1.2022

SCHALKSMÜHLE + „Der Zuspruch zeigt, dass Kultur wichtig ist und es trotz Corona die richtige Entscheidung war.“ Seine Freude über die Wiederaufnahme jahrzehntelanger, liebgewonnener Tradition brachte Bürgermeister Jörg Schönenberg am Sonntag bei der 55. „Musik Alter Meister“ in der Erlöserkirche zum Ausdruck. Nach einjähriger Pause – der Pandemie geschuldet – sei es gelungen, Prof. Harald Hoeren (Cembalo) und seinen Kreis erlesener Künstler wieder nach Schalksmühle zu holen. Mit klangschönen Werken deutscher und italienischer Meister – darunter Antonio Vivaldis Concerto „Der Winter“ als bekanntestes Stück – bedankte sich das spielfreudig und mitreißend aufspielende Ensemble, das von den zahlreich erschienenen Schalksmühlern mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, gleichsam für die Einladung.
Neben Harald Hoeren öffneten Daniel Rothert (Travers- und Blockflöte), Annette Wehnert und Stephan Sänger (Violine), Gabrielle Kancachian (Viola), Imola Gombos (Viola da gamba und Violoncello) und Timo Hoppe (Kontrabass) dem Klangzauber des 17. und 18. Jahrhunderts Tor und Tür. In wechselnder Besetzung ließ das Ensemble die Alten Meister zu Wort kommen. Ausnahmen bildeten das Anfangs- und Schlussstück des abwechslungsreichen Programms, bei dem das gesamte Ensemble in vollendetem Miteinander in Erscheinung trat. Das Anfangsstück, die Ciaccona eines anonymen, wahrscheinlich italienischen Meisters, war zugleich das älteste Stück des klangfarbenreichen Nachmittags. Als Soloinstrument gab die Flöte mit schnellen, verspielten Figuren und Verzierungen darin den Ton über einem bedächtig voranschreitenden Grundtempo an. Seine spieltechnische Brillanz und bezwingende Musikalität stellte Daniel Rothert zudem als Solist des Concertos für Traversflöte und Orchester in G-Dur des früh verstorbenen, zu Lebzeiten gefeierten Giovanni Battista Pergolesi unter Beweis. Farbenreich brachte er die Vorliebe des Barockzeitalters, auch Generalbasszeitalter genannt, für den warmen Klang der Flöte zum Ausdruck. Wunderbar harmonisch gelang das Zusammenspiel mit dem Ensemble.
Als Solinstrument trat die Viola da gamba als historisches, in der Renaissance- und Barockzeit beliebtes Streichinstrument mit Imola Gombos als feinfühliger Interpretin beim Concerto für Viola da gamba und Orchester in A-Dur von Georg Philipp Telemann in Erscheinung. Viel Emotion und Empfindsamkeit legte sie in ihr gefühlvolles Spiel. Über das Barockzeitalter wies der galante Stil Telemanns hinaus. Aus dem Schatten des Generalbassinstruments trat das Cembalo eindrucksvoll beim Concerto für Cembalo und Orchester in d-Moll, BWV 1052, von Johann Sebastian Bach heraus. In reichen Verzierungen und lebhaft bewegtem Spiel lotete Harald Hoeren hoch virtuos die dem Stück innewohnende Leidenschaftlichkeit aus. Klirrende Kälte, heulende Winde und eine in Eis und Frost erstarrte Welt führte das „Winter“-Konzert aus Vivaldis berühmtem „Jahreszeiten“-Zyklus mit Annette Wehnert als gefeierter Solistin bildhaft vor Augen. Mit scheinbar müheloser Leichtigkeit meisterte sie das anspruchsvollste Werk des Zyklus, das für die Sologeige schwindelerregend schnelle Passagen bereithält. Eine Atempause inmitten des frostigen instrumentalen „Zähneklapperns“ bildete der langsame Satz, bei dem die Geige warm und schmeichelnd die wohlige Wärme am Herd ausmalte. Wahrlich ein Bravourstück an Präzision! Mit Telemann und seinem Concerto für Blockflöte, Violoncello und Orchester in F-Dur verabschiedete sich das Ensemble – so zündend und mitreißend wie in allen seinen Stücken. Eine Einladung von Jörg Schönenberg für 2023 ließ denn auch nicht lange auf sich warten. ©ms