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Taschenlampe im Herzen

19.11.2023

Das Wort zum Sonntag heute mit Gedanken von Thorsten Brinkmeier, Pfarrer der Kirchengemeinden Rahmede, Oberrahmede, Hülscheid-Heedfeld. (Grafik: EKKLP)
Das Wort zum Sonntag heute mit Gedanken von Thorsten Brinkmeier, Pfarrer der Kirchengemeinden Rahmede, Oberrahmede, Hülscheid-Heedfeld. (Grafik: EKKLP)

„Meine Großmutter hat Auschwitz überlebt, und als Kind konnte ich überhaupt nicht verstehen, warum sie die Deutschen nicht aus tiefstem Herzen hasste. Ich sagte zu ihr, Großmutter, nach allem, was du erlebt hast, musst du die Deutschen doch hassen! Aber sie sagte, nein, ich hasse die Deutschen nicht. Ich will die Deutschen nicht hassen, ich will überhaupt niemanden hassen - das Einzige, was ich will, ist, dass so etwas nie wieder passiert.“

 

Das erzählt Emmanuel Peterfalvi über seine geliebte Großmutter. Bekannt ist er als Comedian Alfons. Mit sorgfältg übertriebenem französischen Akzent, oranger Trainingsjacke und großem Puschel-Mikro stellt er Menschen auf der Straße hintergründige Fragen. Die Geschichte seiner Familie aber ist dramatisch. Sein Urgroßvater starb in Auschwitz, seine Großmutter überlebte nur knapp. Ihre eintätowierte Häftlingsnummer hat schon der kleine Emmanuel wahrgenommen. Ihren Lebensmut und Humor aber ließ sie sich nicht nehmen. Sie konnte (künstliche) Fliegen (mit Hilfe eines Magneten) dressieren und verzauberte damit sowohl ihren kleinen Enkel als auch den französischen Präsidenten. Sie akzeptierte die Entschuldigung eines deutschen Aufsehers, der später zum Freund wurde. Sie sagte die Sätze vom Anfang, die den Sinn des Volkstrauertags zusammenfassen. Und sie hinterließ Emmanuel nach ihrem Tod einem Brief mit folgenden Worten: „Jeder Mensch hat eine Taschenlampe in seinem Herzen. Und nur du allein entscheidest, wo sie mit ihrem Licht hin leuchtet.“

 

Am Volkstrauertag richten wir unsere „inneren Taschenlampen“ aus. Sie sollen nicht auf Hass und Krieg leuchten. Sondern sie sollen den Frieden und die Verständigung ins Licht stellen. Wir treten für die Menschen ein, die Opfer von Krieg und Gewalt sind. Wir gehen entschieden gegen Hass und Gewalt vor, egal von wem sie ausgehen. Wir leuchten auf die Worte der Bibel aus Römer 12: „Vergeltet Böses nicht mit Bösem. Habt anderen Menschen gegenüber nur Gutes im Sinn. Lebt mit allen Menschen in Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt. ... Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“ Anders gesagt: Wie Jesus gelebt hat, sollen auch wir leben. Dann bringen unsere „Taschenlampen im Herzen“ den Frieden zum Leuchten.

Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen

 

Thorsten Brinkmeier,

Pfarrer der Kirchengemeinden Rahmede, Oberrahmede, Hülscheid-Heedfeld

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