Artikel Archiv

800. Geburtstag der Jesus-Christus-Kirche

3.6.2024

Die Feierlichkeiten zum 800. Geburtstag der Jesus-Christus-Kirche in Meinerzhagen sollte schon 2020 stattfinden, mussten dann aber aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden. Das Baujahr der historischen Kirche wird um 1220 geschätzt (Foto: Büdenbender)
Die Feierlichkeiten zum 800. Geburtstag der Jesus-Christus-Kirche in Meinerzhagen sollte schon 2020 stattfinden, mussten dann aber aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden. Das Baujahr der historischen Kirche wird um 1220 geschätzt (Foto: Büdenbender)

Von Martin Büdenbender

 

MEINERZHAGEN + „Glauben gemeinsam leben“ ist in roten Buchstaben auf der großen Kerze zu lesen, deren Licht seit Pfingstsonntag das Kirchenschiff der Jesus-Christus-Kirche in Meinerzhagen erhellt. Ein Geschenk mit Symbolkraft der Katholischen Pfarrei St. Maria Immaculata an die Schwestern und Brüder der Evangelische Kirchengemeinde Meinerzhagen zum 800. Geburtstag ihrer Jesus-Christus-Kirche.

 

Schon im Vorfeld des Jubiläums ist viel über die Jesus-Christus-Kirche geschrieben worden, auch dass sie um 1220 (ganz genau weiß man es nicht) errichtet wurde. Ihr Geburtstag sollte schon vor vier Jahren gefeiert werden, fiel aber der Corona-Pandemie zum Opfer. Mit der Entscheidung, die Feier auf dieses Jahr zu verschieben, in welchem die Stadt Meinerzhagen ihren 850. Geburtstag begeht, sind wohl alle zufrieden. Mit der Wahl des Pfingstsonntags für diese Festlichkeit ist man sogar ausgesprochen glücklich. „Denn“, so war es im Rahmen des ökumenischen Festgottesdienstes aus den Reihen der Besucher und Kirchenvertreter zu hören, „Pfingsten ist doch der Geburtstag der Kirche“.

 

Der wurde dann am 19. Mai auch gebührend gefeiert. Bis auf den letzten Platz war die Jesus-Christus-Kirche besetzt. Nicht nur die eigene Gemeinde war dem Aufruf zum Jubiläumsgottesdienst gefolgt, auch Vertreter der umliegenden Gemeinden und selbstverständlich auch der benachbarten Schwesterkirchengemeinde St. Maria Immaculata nahmen teil. Ausdrücklich hatte man sich für einen ökumenischen Gottesdienst entschieden und damit nicht nur das gute, über die Konfessionsgrenzen hinausgehende Verhältnis zu- und miteinander zum Ausdruck gebracht, sondern auch daran erinnert, dass das Geburtstagskind in einer Zeit noch weit vor der Reformation geboren, oder besser gesagt gebaut wurde. Im Blick zurück auf 800 Jahre Kirchengeschichte spielte die Trennung zwischen Katholiken und Protestanten eine Rolle. Aber im Blick nach vorne sprach man am 19. Mai mehr von einem gemeinsamen Weg. Das brachte schon allein das Geschenk der katholischen Gemeinde zum Ausdruck. Die Kerze hatte Holger Kappes Seite an Seite mit Ingrid Krull zu Beginn des Gottesdienstes zum Altar getragen und dort angezündet. Für die katholischen Freunde gratulierte Pastor Stefan Beilicke zum 800. Geburtstag der Jesus-Christus-Kirche, bei deren Anblick, so gestand er augenzwinkernd, er immer ein wenig mit dem neunten Gebot in Konflikt gerate, in dem es heißt: Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren.“

Die Jesus-Christus-Kirche war zum Festgottesdienst bis auf den letzten Platz besetzt (Foto: Büdenbender)
Die Jesus-Christus-Kirche war zum Festgottesdienst bis auf den letzten Platz besetzt (Foto: Büdenbender)

Unverhofft schreckte der Ohnmachtsanfall eines Kirchgängers die Festgemeinde auf. Überall betroffene Gesichter und unverzüglich herbeieilende Ersthelfer zeigten, dass man es ernst meint mit dem Versprechen des Füreinanderdaseins. Auf ausdrücklichen Wunsch der Person, die schnell wieder bei Bewusstsein war, wurde der Gottesdienst nach angemessener Unterbrechung fortgesetzt.

 

Viele kirchliche Würdenträger und Gemeindemitglieder kamen zu Wort, Pfarrerin Martina Kämper und die beiden Pfarrer, Klaus Kemper-Kohlhase und Dirk Gogarn. Für den evangelischen Kirchenkreis gratulierte Superintendent Dr. Christof Grote. Die Predigt hielt Oberkirchenrätin Katrin Göckenjan-Wessel, die eigens zu diesem Jubiläumstag aus Bielefeld angereist war. In den Mittelpunkt ihrer Predigt stellte sie die Auferstehungshoffnung, die das Pfingstfest wie kein anderes in sich trägt. Sie bezog dabei gekonnt die Jubiläumskirche und ihre 800jährige Geschichte mit ein, indem sie Gemeinsamkeiten zwischen dem Leben der Menschen in den vergangenen Jahrhunderten und in der heutigen Zeit hervorhob. Natürlich sei heute alles ganz anders als früher, meinte sie, aber das Suchen nach Gott und Erlösung von Sünde und der Macht des Todes, nach Gerechtigkeit und Frieden sei geblieben und finde seit 800 Jahren hier einen Resonanzraum.

Sie gestalteten gemeinsam den Festgottesdienst in der Jesus-Christus-Kirche (v.l.n.r): Superintendent Dr. Christof Grote, Pfarrerin Martina Kämper, Pastor Stefan Beilicke Pfarrer Klaus Kemper-Kohlhase, Pfarrer Dirk Gogarn und Oberkirchenrätin Katrin Göckenjan-Wessel (Foto: Büdenbender)
Sie gestalteten gemeinsam den Festgottesdienst in der Jesus-Christus-Kirche (v.l.n.r): Superintendent Dr. Christof Grote, Pfarrerin Martina Kämper, Pastor Stefan Beilicke Pfarrer Klaus Kemper-Kohlhase, Pfarrer Dirk Gogarn und Oberkirchenrätin Katrin Göckenjan-Wessel (Foto: Büdenbender)

Kein Kirchenfest ohne Musik. Für festliche Atmosphäre sorgten der von Ben Köster dirigierte Posaunenchor sowie der Kirchenchor und der „Gottesdienst-mal-anders-Chor“ unter der Leitung von Elke Bernett. Die war dann auch für die musikalische Gestaltung am Abend zuständig. Zur Nacht der offenen Kirche hatte die Ev. Kirchengemeinde Meinerzhagen eingeladen und wieder war die Kirche randvoll. Elke Bernitt an der Orgel und ihre Tochter Hannah mit der Querflöte eröffneten den Abend mit der Hamburger Sonate G-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach und verzauberten die Kirche in einen Konzertsaal. Weitere Stücke von Bach, Tomasi, Bazzini, Woodall und anderen namhaften Komponisten folgten.

 

Zwischen ihren Auftritten gehörte Martin Buchholz der zur Bühne umgestaltete Altarraum. Der bekannte Fernsehjournalist, Theologe, Liedermacher, Musiker, Kabarettist und Autor unterhielt die Festgemeinde eine Stunde lang mit seinen Liedern, Kurzgeschichten und Sketchen. Mal waren seine Beiträge traurig, mal fröhlich, mal waren sie satirisch. Aber immer hatten sie Tiefgang. Etwa, wenn er die Evangelische Kirche in Hinblick auf ihre vielen zu unterhaltenden Kirchen auf dem Weg von der Reformation zur Restauration sah. Viele Fragen stellte er an diesem Abend, und fand die Antwort im Glauben. „Beten Sie noch für den Frieden?“ fragte er vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen und Kriege. Seine Antwort: „Wenn Not und Zweifel noch so groß sind, es klimmt immer noch ein Docht in unseren Herzen. Und der entzündet neue Kerzen.“ An das Gute glauben und die Hoffnung nicht verlieren lautete sein Credo. Das Publikum belohnte seinen Auftritt mit lautstarkem Beifall.

 

Mit der Vorführung des Films „Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie“ endete die Nacht der offenen Jesus-Christus-Kirche zu später Stunde und entließ die Teilnehmer mit einem Hoffnungsfunken, den nicht nur Kabarettist Martin Buchholz gesetzt hatte, sondern der schon gleich am Anfang des Festgottesdienstes mit dem Anzünden des Kerzenlichts entfacht worden war.

Bildimpressionen der Feierlichkeiten (alle Fotos: Martin Büdenbender)

zurück zur Übersicht