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Rheinische Einflüsse auf die Romantik in Meinerzhagen

6.6.2024

Ein erhöhtes Mittelschiff und niedrigere Seitenschiffe zeichnen die Jesus-Christus-Kirche in Meinerzhagen als Basilika aus (Foto: Salzmann)
Ein erhöhtes Mittelschiff und niedrigere Seitenschiffe zeichnen die Jesus-Christus-Kirche in Meinerzhagen als Basilika aus (Foto: Salzmann)

Von Monika Salzmann

 

MEINERZHAGEN + Im Märkischen Kreis ist die Jesus-Christus-Kirche in Meinerzhagen die einzige ihrer Art. Im Stil einer rheinischen Emporenbasilika errichtet, ist sie Mittelpunkt und Wahrzeichen der Stadt. Von der einst im Sauerland typischen Hallenkirche setzt sich die Architektur der romanischen Kirche deutlich ab. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 800-jährigen Jubiläum der Kirche ordnete der Kunsthistoriker Dr. Michael Overdick, derzeit in Oberfranken wohnhaft und in der Staatsbibliothek Bamberg beschäftigt, die baulichen Besonderheiten des in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbauten Gotteshauses – ehemals „Unserer Lieben Frau“ gewidmet – kunsthistorisch ein.

 

Nach einer kurzen Einführung durch Pfarrer Dirk Gogarn, der unter den Besuchern Dr. Gabriele Oepen-Domschky (Geschäftsführerin des Fördervereins Romanische Kirchen Köln) willkommen hieß, ging der Referent in seinem reich bebilderten Vortrag zum Thema „Rheinische Spätromantik im Sauerland – Die Jesus-Christus-Kirche in Meinerzhagen“ detailliert auf die architektonischen Stilmerkmale der Kirche ein und stellte sie zu anderen Kirchen in Vergleich. Für ihn selbst sei die Einladung eine schöne Gelegenheit, eine Kirche kennenzulernen, die ihm noch nicht aus eigener Anschauung bekannt gewesen sei. Auf das Westfälische Kunststätten-Heft „Die Rheinische Emporenbasilika in Meinerzhagen“ von Jutta de Vries aus dem Jahr 1986 verwies er in seinem Vortrag. Typisch für eine Basilika sei in Meinerzhagen, dass das Mittelschiff des Langhauses höher als die Seitenschiffe sei. Im alten Rom sei eine Basilika (Königshalle) eine größere Versammlungshalle gewesen. Unter Kaiser Konstantin sei die Bauweise von Kirchen übernommen worden. Auf den Unterschied zwischen einer Basilika maior, bei denen es sich um die ranghöchsten römisch-katholischen Kirchen handelt, und die Basilicae minores – kunsthistorisch bedeutende Kirchen – ging er ein. In Meinerzhagen seien die Seitenschiffe zweigeschossig, daher handelte es sich bei der Jesus-Christus-Kirche um eine Emporenbasilika. Die innere Gliederung lasse sich von außen gut nachvollziehen.

 

Viele Details – angefangen bei den einst fünf Altären der Kirche über den verheerenden Stadtbrand von 1797 mit Einsturz von Turm und Gewölbe oder die Grabungsergebnisse aus den 1930er Jahren – griff er in seinem fundierten Vortrag auf. Anhand zahlreicher Beispiele arbeitete er die Unterschiede zwischen der rheinischen und westfälischen Bauweise romanischer Kirchen und die Besonderheiten der Meinerzhagener Kirche sorgfältig heraus. „Mit Westfalen hat Meinerzhagen architektonisch nicht viel zu tun“, erklärte Michael Overdick. Sein Blick ging unter anderem nach Köln, das außer dem Dom ein einzigartiges Ensemble von zwölf romanischen Kirchen in der Innenstadt aufweist. Anhand zahlreicher Bilder warf er einen Blick in diese und andere altehrwürdigen Gotteshäuser wie den Limburger Dom. Auch auf die Funktion der Emporen – denkbar als zusätzlicher Platz für mehr Gläubige, Chöre und Altäre – und die Überlieferung, dass die Meinerzhagener Kirche eine Wallfahrtskirche war, kam der Kunsthistoriker zu sprechen. Er selbst würde die Jesus-Christus-Kirche mit der Emporenbasilika in Morsbach in Verbindung bringen. „Die Baumeister in Meinerzhagen wussten mit wenigen Mitteln große Wirkung zu erzielen“, lobte der Referent. In seinen Ausführungen trat er eindeutig den Beweis an, dass die örtliche Emporenbasilika eine verspielte rheinische Kirche und keine mächtige westfälische Kirche ist.

Bildimpressionen vom Vortrag von Kunsthistoriker Dr. Michael Overdick (alle Fotos: Salzmann)

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