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Kirchenkreis und Kirchengemeinden beginnen weitreichende Zukunftsplanung

21.6.2024

Christof Grote, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, sieht mit der Thematik ‚Zukunfts- und Abschiedsgebäude‘ eine große Herausforderung auf den Kirchenkreis und die Kirchengemeinden zukommen. Aus seiner Sicht wäre es aber fahrlässig jetzt nicht zu handeln. Das Ziel muss sein, die angespannte Haushaltslage von Kirchenkreis und Kirchengemeinden langfristig zu entlasten, damit man in den Hauptaufgaben handlungsfähig bleiben kann (Foto: EKKLP)
Christof Grote, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg, sieht mit der Thematik ‚Zukunfts- und Abschiedsgebäude‘ eine große Herausforderung auf den Kirchenkreis und die Kirchengemeinden zukommen. Aus seiner Sicht wäre es aber fahrlässig jetzt nicht zu handeln. Das Ziel muss sein, die angespannte Haushaltslage von Kirchenkreis und Kirchengemeinden langfristig zu entlasten, damit man in den Hauptaufgaben handlungsfähig bleiben kann (Foto: EKKLP)

KIRCHENKREIS + Der Evangelische Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg und seine 21 Kirchengemeinden werden ab sofort mit weitreichenden Zukunftsplanungen beginnen. Im Fokus stehen hier die eigenen Gebäude. Kirchenkreis und Kirchengemeinden verfügen über einen Gebäudebestand, der noch auf rund 150.000 Gemeindeglieder ausgelegt ist. Aktuell sind es aber nur knapp 70.000 Gemeindeglieder. In Zeiten, wo die Haushalte des Kirchenkreises und der Kirchengemeinden immer knapper werden und in der Zukunft sogar Haushaltssicherungen drohen könnten, hat sich der heimische Kirchenkreis mit seiner Verwaltung intensiv mit ‚Gegenmaßnahmen‘ beschäftigt. Herausgekommen ist das zentrale Thema des Gebäudebestandes. Hierzu wurde ein umfangreiches Informationspaket erstellt, welches den Titel trägt ‚Kriterien für die Entscheidung zum Erhalt bzw. zur Aufgabe von kirchlichen Gebäuden (Zukunfts- / Abschiedsgebäude)‘. Dieses Informationspaket ist den Kirchengemeinden heute zugesandt worden, verbunden mit dem dringenden Appell, den Gebäudebestand in den einzelnen Kooperationsräumen dem Bedarf, der aktuellen Gemeindegliederzahl sowie den finanziellen und personellen Möglichkeiten der Gemeinden vor Ort anzupassen. Die Umsetzung der neuen Gebäudestruktur soll bis 2030 abgeschlossen sein.

 

Wie schon auf der Sommersynode des Kirchenkreises am 08. Juni angekündigt, haben alle Kirchengemeinden nun die entsprechenden Unterlagen zur Thematik erhalten. Dies beinhaltet auch eine Vorschlagsliste, die eine Reduktion des Gebäudebestands um etwa 40 bis 50 % vorsieht. „Das ist eine Vorschlagsliste – anderes können Kreissynodalvorstand und Verwaltung auch nicht vorlegen. Die Entscheidungen müssen vor Ort getroffen werden, in den einzelnen Gemeinden, in Abstimmung im Kooperationsraum“, erklärt Christof Grote, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg, das Vorgehen. „Diese Vorschläge sind darum Impulse zur Diskussion – es sind keine Entscheidungen und auch keine verbindlichen Festlegungen, welche Gebäude dauerhaft Bestand haben sollen. Das können sie auch gar nicht sein. Die notwendigen Beschlüsse dazu müssen die jeweiligen Körperschaften treffen – und zwar in Abstimmung in der Region“, erklärt Grote genauer.

Haus Nordhelle in Meinerzhagen/Valbert verkaufte der Kirchenkreis Ende 2022. 1980 wurde das große Tagungszentrum des Kirchenkreises eröffnet und war über 40 Jahre betrieben worden. Aufgrund der wirtschaftlichen Veränderungen über die Jahrzehnte war der Kirchenkreis dann aber gezwungen, das Haus abzugeben (Foto: EKKLP)
Haus Nordhelle in Meinerzhagen/Valbert verkaufte der Kirchenkreis Ende 2022. 1980 wurde das große Tagungszentrum des Kirchenkreises eröffnet und war über 40 Jahre betrieben worden. Aufgrund der wirtschaftlichen Veränderungen über die Jahrzehnte war der Kirchenkreis dann aber gezwungen, das Haus abzugeben (Foto: EKKLP)

Die Notwendigkeit, den Gebäudebestand bis 2030 neu ausgerichtet zu haben, ergibt sich aus mehreren Faktoren. Die personelle Ausstattung der Gemeinden - mit einem starken Rückgang der Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer und einem Hauptamtlichen-Schlüssel von ca. 3.000 Gemeindegliedern zu einer Pfarr- bzw. IPT-Stelle - erfordert eine Konzentration auf deutlich weniger Standorte. Mit der zurückgehenden Gemeindegliederzahl sinkt auch die Finanzkraft der Gemeinden massiv. Zudem steigt die finanzielle Belastung durch die Erfordernisse des Klimaschutzes. „Wir müssen die Gebäude, die wir als kirchliche Orte erhalten wollen, so klimatisch ertüchtigen, dass sie möglichst klimaneutral sind. Das bedeutet erhebliche finanzielle Aufwendungen für diese Gebäude“, erklärt Christof Grote.

 

Generell machen die Gebäude in den Haushalten von Kirchenkreis und Kirchengemeinden einen großen Anteil der Ausgaben aus. Mit weniger Gebäuden können die Haushalte somit am deutlichsten entlastet werden. Kirchenkreis und Kirchengemeinden wären dann langfristig wieder in der Lage, in ihren Hauptaufgaben handlungsfähig zu sein. Deswegen hat der Kirchenkreis in den letzten Jahren schon damit begonnen, seinen Gebäudebestand zu reduzieren. 2020 verkaufte er das ‚Lutherhaus‘ in Lüdenscheid und 2022 ‚Haus Nordhelle‘ in Meinerzhagen/Valbert. „Wir haben unseren Gebäudebestand damit bereits deutlich verringert“, so Superintendent Grote. „Die Thematik ‚Zukunfts- und Abschiedsgebäude‘ wird uns auf Ebene des Kirchenkreises aber weiter beschäftigen. Auf Basis erarbeiteter Kriterien, die für Kirchenkreis und Kirchengemeinden gleichermaßen gelten, müssen alle Gebäude genau überprüft werden.“

Das ‚Lutherhaus‘ in Lüdenscheid wurde vom Kirchenkreis bereits im Jahr 2020 abgegeben. Aus Sicht von Superintendent Christof Grote muss der Kirchenkreis, genauso wie die Kirchengemeinden, seinen Gebäudebestand der aktuellen Situation angleichen (Foto: EKKLP)
Das ‚Lutherhaus‘ in Lüdenscheid wurde vom Kirchenkreis bereits im Jahr 2020 abgegeben. Aus Sicht von Superintendent Christof Grote muss der Kirchenkreis, genauso wie die Kirchengemeinden, seinen Gebäudebestand der aktuellen Situation angleichen (Foto: EKKLP)

Die besagten Kriterien für kirchliche Zukunftsorte sind im Informationspaket für die Gemeinden natürlich auch aufgeführt. Dies sind:

 

  • Kirchliche Zukunftsorte sollen zentral und sichtbar sein
  • Kirchliche Zukunftsgebäude stehen nicht isoliert für einen einzelnen Gemeindebezirk / eine einzelne Gemeinde (Gemeindegliederzahlen 2030)
  • Kirchliche Zukunftsorte sollen im Kooperationsraum / in der Region erreichbar sein
  • Kirchliche Zukunftsorte sollen den Erfordernissen der Gemeindearbeit entsprechen
  • Kirchliche Zukunftsgebäude können mehrfach genutzt werden, z.B. von anderen Gemeinden oder Trägern anderer Arbeit (Sozialraumorientierung, multifunktionelle Nutzung)
  • Kirchliche Zukunftsgebäude sind in einem guten gebäudetechnischen Zustand
  • Kirchliche Zukunftsgebäude sollen auf Dauer finanziell tragbar sein.

 

Diese Kriterien sollen als Grundlage für die Überlegungen der Kirchengemeinden und der Kooperationsräume dienen. Klar ist aber auch, dass einzelne Kriterien z.T. im Widerspruch zueinanderstehen können, zumindest wenn sie auf die konkreten örtlichen Situationen bezogen werden. Hier gilt es, die verschiedenen Aspekte gegeneinander abzuwägen. Zudem wurde festgelegt, dass die Klassifizierung eines Gebäudes als Denkmal nicht automatisch dazu führen wird, dass dieses Denkmal als kirchliches Gebäude in kirchlichem Besitz erhalten bleiben muss. Auch wenn es natürlich zu beachten gilt, dass es traditionelle kirchliche Orte gibt, die eine z.T. jahrhundertealte Tradition haben und mit denen von daher eine besondere Ausstrahlung verbunden ist.

 

Diese Komplexität der Anforderungen und Gesamtfaktoren stellt für den Kirchenkreis und die Kirchengemeinden eine große Herausforderung dar. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es zu dieser Thematik und unserem Informationspaket Gesprächsbedarf und Rückfragen geben wird“, so Christof Grote. „Hier das klare Angebot von unserer Seite: Wir sind für unsere Kirchengemeinden da und sind bei Bedarf zum weiteren Austausch auch gerne vor Ort. Wir, das sind Menschen aus unserem Kreissynodalvorstand und aus der Verwaltung. Uns ist bewusst, dass diese weitreichende Thematik und die Gestaltungsaufgabe alles andere als einfach sind. Es wäre aber fahrlässig jetzt nicht zu handeln. Wir müssen in unseren Hauptaufgaben auch in Zukunft handlungsfähig sein. Dafür sind wir in den Gremien verantwortlich“, macht der Superintendent klar. ©EKKLP

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