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Allianzgebetswoche in Lüdenscheid - Hoffnungsvolles Miteinander in der Stadt

25.1.2025

Der Abschlussgottesdienst der Allianzgebetswoche in Lüdenscheid fand in der Christuskirche statt. Harmut Steeb, Irmtraut Huneke und Pfarrer Rainer Gremmels (vordere Reihe von links) gestalteten den Gottesdienst u.a. mit (Foto: Görlitzer)
Der Abschlussgottesdienst der Allianzgebetswoche in Lüdenscheid fand in der Christuskirche statt. Harmut Steeb, Irmtraut Huneke und Pfarrer Rainer Gremmels (vordere Reihe von links) gestalteten den Gottesdienst u.a. mit (Foto: Görlitzer)

Von Bettina Görlitzer


LÜDENSCHEID + „Ihr seid etwas Besonderes!“ Dieses Lob für die Christen in Lüdenscheid gab es am zum Abschluss der Allianzgebetswoche von Hartmut Steeb. Der ehemalige langjährige Generalsekretär der Evangelischen Allianz in Deutschland (1991 bis 2019), predigte im Abschlussgottesdienst in der gut besuchten Lüdenscheider Christuskirche. Einige der evangelischen und freikirchlichen Gemeinde, die sich in der Lüdenscheider evangelischen Allianz engagieren, hatten an diesem Tag auf eigene Sonntagsgottesdienste verzichtet.

 

Steeb zielte mit seinen Worten nicht nur auf das Engagement der Lüdenscheider Allianz, sondern auch auf den Stellenwert der Christen in der Stadt, die sich offen an vielen Stellen einbringen. Seine Predigt stand unter dem Motto des letzten Tages der Gebetswoche „Hoffnung bringt ans Ziel“. Darin ging er unter anderem darauf ein, dass der mancherorts diskutierte Termin dieser traditionellen Veranstaltung so kurz nach Weihnachten, wenn man doch eigentlich vom Feiern müde sei, für ihn genau der richtige „Auftakt fürs neue Alltagsjahr“ sei. Mit der Gebetswoche setzten Christen nicht noch eine Feier drauf, sondern besinnen sich angesichts vieler spannender Entwicklungen in einer Welt, die „wahrscheinlich nicht problemärmer“ werde, und vieler Unsicherheiten, darauf, dass sie mit Jesus durchs Leben gehen und in jeder Situation voller Hoffnung beten können. „Der Erneuerung der Gemeinde Jesus muss die Erweckung zum Gebet vorausgehen. Wir müssen neu zurück zu unseren Wurzeln! Denn so begann Gemeinde!“ Deshalb habe er sich gefreut, „dass offenbar in Lüdenscheid dieser Geist des Gebets weht und dass diese Allianzgebetswoche als echte Festwoche begangen wurde und jedes Jahr wird.“

 

Steeb betonte in seiner Predigt, dass Glaube und Gebet – und die Hoffnung, die damit verbunden sind – gerade auch in einer „Wüstenzeit“ standhalten müssten. Der christliche Glaube sei „kein Schön-Wetter-Glaube“. Er müsse Alltagstauglich sein, und der Alltag sei nicht nur von guten Erfahrungen geprägt, sondern auch mal „trist und grau“, sagte Steeb, dessen Ehefrau gerade erst vor zwei Monaten gestorben ist. Aber der Glaube weite den Blick über die alltäglichen Sorgen hinaus in die Ewigkeit. „Ich sag’s gerne provokant, also herausfordernd: Die Kirche braucht keine Ämter für Friedensbeauftragte. Der ganze christliche Dienst muss darauf zielen, Menschen in den Frieden mit Gott zu führen. Seine Friedensdividende ist Christi Blut und Gerechtigkeit, sein Leiden und Sterben für uns.“

 

Um mit der Hoffnung des Glaubens ans Ziel zu gelangen, müsse das Gebet und die Aufforderung dazu für Christen an erster Stelle stehen: „Priorität 1 in den kirchlichen Aufforderungen zur Mitwirkung in der Gesellschaft müsste der Hinweis aufs Gebet sein. Solches fehlt in den Verlautbarungen, auch der Kirchen jetzt für die Bundestagswahl. Ich sag’s noch mal provokant: Wenn die Kirchen nur das sagen, was alle sagen, brauchen sie das auch nicht mehr sagen, was alle sagen.“

 

Die Hoffnung, die in diesem Jahr mit dem Motto „Miteinander Hoffnung leben“ die gesamte Allianzgebetswoche prägte, spiegelte auch die zweite große zentrale Veranstaltung in Lüdenscheid. Der überkonfessionelle Gebetsabend im Rathausfoyer unter der Überschrift „Suchet der Stadt Bestes“ ist seit Jahren ein fester Bestandteil dieser Woche. Bürgermeister Sebastian Wagemeyer (SPD), der CDU-Ratsherr und Vorsitzende des CVJM Lüdenscheid-West Christoph Weiland, der Pfarrer der katholischen Pfarrei St. Medardus Claus Optenhöfel sowie der Superintendenten des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg Dr. Christof Grote gingen in ihren Redebeiträgen darauf ein, was Hoffnung und das Miteinander für sie persönlich, aber auch für die Gesellschaft gerade in schwierigen Zeiten bedeutet.

 

Sowohl Wagemeyer als auch Weiland lenkten so kurz vor der Bundestagswahl den Blick auf die Politik und den Dialog der Parteien der „politischen Mitte“. „Trotz aller Gleichheit funktioniert Demokratie nur miteinander“, sagte zum Beispiel Weiland. Man müsse sich nicht in allen Dingen einig sein, um „eins zu sein“. Wagemeyer bestätigte Weilands Ausführungen zur Einigkeit im demokratischen Werteverständnis und legte darauf aufbauend den Fokus das Miteinander in der Gesellschaft. Im Blick auf „unsere Stadt bin ich gar nicht bange“, sagte der Bürgermeister. Es gebe so viele Menschen, die sich auf unterschiedliche Art und Weise für andere einsetzen und sich kümmern. Dies geschehe vor allem deshalb, weil es Hoffnung gebe, dass sich Dinge verändern, verbessern können. Ohne Hoffnung könne man die Zukunft nicht gestalten. Viele hätten vergessen, was für ein „Riesengeschenk“ es sei, in Freiheit aufwachsen zu können. „Wenn man sich umsieht, täte ein bisschen Demut gut.“

 

Der Katholik Optenhöfel verwies auf die gerade erschienene Biografie von Papst Franziskus mit dem Titel „Hoffe“ und sagte: „Was gibt es anderes in dieser Zeit als Hoffnung?“ Wenn Sicherheiten zerbrächen und Extreme größer werden, verstehe Optenhöfel Hoffnung darin, „an dem festzuhalten, der mich hält, egal ob meine Wünsche sich erfüllen.“ Superintendent Grote wiederum griff viele der genannten Aspekte auf – Demokratie, Helfer in der Not. All das seien Beispiele für vielfältige Wege, auf denen es Hoffnung gebe. Sie sei nicht nur eine Haltung oder ein Gebet, denn aus Haltungen und Gebeten könnten Handlungen folgen.

 

Gebete sprachen Ulrike Tetzlaff von der evangelischen Kirchengemeinde Oberrahmede, Kristin Hartmannsberger von der Freien evangelischen Gemeinde Börsenstraße und Thomas Tetzlaff, stellvertretender Vorsitzender der evangelischen Allianz Lüdenscheid. Musikalisch begleitet wurde der Abend von Annika Kögler (Gesang und Klavier) und Thomas Tetzlaff (Gesang und Gitarre). Die Kollekte am Ausgang soll diesmal dem Wiederaufbau der nach einem Brand zerstörten Jugendfreizeitstätte „Audrey’s“ des CVJM zugute kommen.

 

Das waren, nach dem Kanzeltausch in neuen Gottesdiensten, nur zwei von insgesamt neun Veranstaltungen im Rahmen der Gebetswoche, die ganz unterschiedliche Themen und Zielgruppen angesprochen haben. Irmtraut Huneke, Vorsitzende der evangelischen Allianz in Lüdenscheid, die bei vielen Terminen selbst dabei war, zog insgesamt ein positives Fazit. Sie habe die angenehme Atmosphäre und den Zusammenhalt genossen, der sich überall gezeigt habe. Ein Beispiel dafür war auch das Gebetsfrühstück am Samstag, das seit inzwischen 26 Jahren fest im Terminplan der Allianzgebetswoche steht. Im Interview wiederum plauderte Huneke mit Walter und Monika Wortberg, beide engagierte Mitglieder der katholischen Pfarrei St. Medardus. Über die Initiative Gemeinsame Wege gelangten sie zum gemeinsamen Gebetskreis und pflegen – bei allen Unterschieden der Konfessionen – ein intensives Miteinander der Christen, geprägt von der Kraft Hoffnung, die sie aus dem gemeinsamen Gebet ziehen.

 

Darüber hinaus gab es einen Lobpreisabend mit Musik in der Freien evangelischen Gemeinde an der Börsenstraße, einen Gebetsnachmittag im Gemeindezentrum der Erlöserkirche, einen Gebetsabend mit Liedern und geistlichen Impulsen von Hannes-Kranenpoot-Schmale, Bernhard Hanisch und Sigrun Lemke in der Freien Christlichen Schule und einen Familiennachmittag in der Guten Stube. In der freikirchlichen Gemeinde an der Eduardstraße fand das ebenfalls traditionell Gebet für Verfolgte Christen mit einem Bericht über die Arbeit von Open Doors statt. Zudem traf sich die Jugendallianz im Jugendcafé der Kreuzkirche zum Gebetsabend. Die Fülle und Vielzahl von Veranstaltungen und Angeboten zeigte somit deutlich auf, was auch Hartmut Steeb herausstellte: Die Allianzgebetswoche in Lüdenscheid ist etwas Besonderes!

Bildimpressionen der Allianzgebetswoche in Lüdenscheid (Fotos: Görlitzer & Huneke)

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