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Bernd Drescher: „Ich halte meiner Frau den Rücken frei!“

31.5.2017

Von Guido Raith 

Lüdenscheid. Sie sind Tag für Tag in den Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg unterwegs, arbeiten im Kreiskirchenamt, dem Friedhofsverband, im Diakonischen Werk oder ehrenamtlich neben ihrem Beruf in den Kirchengemeinden. Und hinter jedem dieser Menschen steckt eine Geschichte, die ihn irgendwann zum Dienst in der Evangelischen Kirche führte, die jedoch kaum jemand kennt. Im Rahmen der Serie „Einer von uns...“ werden nun einige dieser Geschichten erzählt, rücken der Mensch und das Menschliche in den Vordergrund und Kirche bekommt einmal mehr ein Gesicht.

„Einer von uns...“ ist Bernd Drescher. Seine Evangelische Heimatgemeinde und die seiner Frau ist jetzt Brügge-Lösenbach, wo Sabine Drescher als Gemeindepädagogin mit pastoralem Auftrag mit Taufen, Hochzeit, Beerdigungen und dem bunten Gemeindeallerlei alle Hände voll zu tun hat. „Ich halte meiner Frau den Rücken frei“, beschreibt der sympathische Lüdenscheider bescheiden seine Beziehung zur Kirche, und natürlich ist es viel mehr als das.

„Geh’ doch mal in den CVJM“, hatten ihm die Eltern gesagt, als die Familie mit Teenager noch in der Worthstraße wohnte, und so landete der irgendwann in den Räumen an der Werdohler Straße und fühlte sich hier recht schnell heimisch. „Das Kickerspielen hat echt Spaß gemacht“, erinnert er sich und weil Bernd Drescher schon damals kreativ mitgestalten wollte, kamen nach Freizeiten und der Mitarbeit auf Bezirksebene auch die Leitung einer Jungenschaft hinzu. Anfang der 1980er Jahre gehörte er schon zum Leitungsteam der christlichen Teestube an der Erlöserkirche und verbrachte hier mit der ehrenamtlichen Arbeit einen Großteil seiner Freizeit. Seine Gitarre hatte der passionierte Musiker immer dabei und er erinnert sich, wie gerne er mit Freunden im Jugendkreis, bei Gottesdiensten oder in Altenheimen spielte. „Der CVJM war meine erste Heimatgemeinde – mein Trittbrett für den Einstieg in die Kirche.“ Durch ihn kam Drescher dann Mitte der 1980er Jahre auch in Kontakt mit seiner jetzigen Frau Sabine, die damals ein Paulus-Oratorium plante. Recht früh offenbarte er einem Freund: „Ich glaube, ich heirate die“ und schreibt es heute schmunzelnd seiner Beharrlichkeit zu, dass seine Sabine ihm dann tatsächlich 1990 vor dem Traualtar in Brügge das Ja-Wort gab.

Kurz zuvor hatte sich Bernd Drescher mit Sabine einer neuen Form der christlichen Jugendarbeit in dem Musikprojekt Ten Sing zugewandt. Engagierte Musiker, Sänger, Schauspieler und Kreative aus allen Kirchengemeinden fanden sich damals bei Ten Sing zusammen, um mit ihren Darbietungen noch mehr junge Leute zu erreichen. Im Leitungsteam rauchten die Köpfe. Bernd Drescher erinnert sich: „Wir waren nicht gleich alle so superfromm. Wir hatten das Ziel, jungen Leuten eine Aufgabe zu geben, einen Sinn auf Basis der christlichen Werte.“ Das sei alles nur über persönliche Beziehungen gegangen, so Drescher weiter. „Die haben bei mir zuhause abgehangen und den Kühlschrank leer gegessen“, erzählt er mit einem Augenzwinkern. Mit rund 80-stimmigem Chor sowie etwa 20 Musikern und Technikern war das Projekt schon rein logistisch eine Herausforderung für alle Beteiligten. Mittels ihrer Auftritte in Lüdenscheid und Umgebung und durch Gespräche wollten die Künstler junge Menschen auf niedriger Schwelle an den Glauben heranführen. Das habe für mehrere Jahre auch super funktioniert, erinnert sich Bernd Drescher, bis die Zeiten sich schließlich mit ersten Computerspielen und geändertem Freizeitverhalten wandelten. Aber da hatten Sabine und Bernd Drescher auch schon andere Pläne.

Ein CVJM-Austauschprogramm führte sie für einige Zeit nach Indien, wo sie das Land von Dorf zu Dorf bereisten und Kontakt zu den Menschen fanden, die oft nur wenig Materielles besaßen, aber das Paar mit ihrer puren Lebensfreude begeisterten. Nach dem Besuch einiger Kinderheime wuchs der Wunsch, sich für genau diese Kinder zu engagieren. Wieder in Lüdenscheid bewarben sich die Dreschers bei verschiedenen Organisationen für eine Adoption und durch glückliche Zufälle kamen so 1994 Miguel aus Bolivien und im Jahr 2000 Jermina aus Indien in die Familie.

Nachdem Bernd und Sabine Drescher dann in die Lösenbach zogen, wünschten sie sich, dass ihre Kinder hier in einer christlichen Gemeinschaft groß werden. „Über die Kinder sind auch wir in die Gemeinde hineingewachsen“, erinnert sich Bernd Drescher und beschreibt weiter, wie dem sonntäglichen Kirchgang irgendwann sein Engagement im Presbyterium folgte, wo er im Personalausschuss viel gelernt habe. Als Sabine Drescher ihre heutige Aufgabe übernahm, zog sich Bernd als Presbyter „wegen der gemischten Gemenge-Lage“ zurück und konzentriert sich heute vornehmlich auf sein berufliches Wirken als diplomierter Grafik-Designer – natürlich immer wieder gerne auch im Auftrag der Evangelischen Kirche, wo er in diesem Jahr maßgeblich die Gestaltung des Programmheftes, der Flyer, Plakate und Web-Grafiken im Evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg übernahm. Dass sich Bernd Dreschers Auftragsarbeiten auf hohem Niveau befinden, hat der Lüdenscheider quasi amtlich: Die Bergmoser & Höller-Stiftung um den ökumenischen Verkündigungspreis für innovative Ideen und Leistungen prämiierte seine Gestaltung der „Werkstatt Bibel mobil“ mit dem zweiten Platz im Wettbewerb.

Bernd Drescher hat sein Leben dem Glauben gewidmet. „Kirche“, so sagt er, „ist ein System, was nur klappt, wenn der Mensch im Auge behalten wird. Man kann sich mit den Menschen freuen, muss sich aber auch um ihre Nöte kümmern.“ Er sei ein „Gutmensch“ und genau darauf auch stolz. Die Ökumene sei ihm wichtig, erläutert Drescher und wünscht sich, dass Kräfte gebündelt werden und man näher zusammenrückt. Dabei solle man nicht alles in der Kirche infrage stellen, entspannt sein und bestimmte Sachen einfach so sein lassen.

Die Liebe zur Musik ist immer noch Teil seines Lebens, auch wenn die 88er „Strat“ weniger häufig zum Einsatz kommt als früher. Und der Humor, mit dem man sich als Selbstständiger oft durch die täglichen „Ups“ und „Downs“ hangelt, natürlich auch. Ebenso wie ein großes Herz für jene, die der Hilfe und Nähe derer bedürfen, die offen genug sind, hinzusehen und wirklich etwas zu tun. Und vielleicht beginnt es einfach schon ganz leise mit den ersten Klängen eines Songs...

 

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