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„Das Reformationsjubiläum als Bahnbecher ökumenischer Fortschritte...“

12.6.2017

  

Prof. Dr. Martin Jung bei seinem Vortrag in Valbert. (Foto: Raith)

 Von Guido Raith

Valbert. Mit dem Vortrag „500 Jahre Reformation – Impulse für ein freies und engagiertes Christsein“ erinnerte der evangelische Theologe Prof. Dr. Martin Jung auf der Kreissynode des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg im Gemeindehaus Valbert an reformatorische Ideen, deren Auswirkungen und ging nicht unkritisch auch auf die aktuelle Situation in der Evangelischen und Katholischen Kirche ein.

„Mut zum Widerspruch“ betitelte Jung seinen ersten Impuls und kam auf Martin Luthers Auftritt vor dem Kaiser in Worms zu sprechen, wo der Reformator seinem Standpunkt trotz Bedrängnis treu blieb. „Weltweit betrachtet ist das Christentum die am meisten bedrängte Religion“,so Jung. Der Mut, standhaft zu bleiben, wäre eine Voraussetzung für ein freies und engagiertes Christsein.

Der Verbindung der Religion mit der Freiheit galt ein weiter Augenmerk Jungs. Die Freiheit Luthers wäre eine innere Freiheit, erläuterte er. Die äußeren Zwänge könnten mit Gelassenheit gesehen werden. „Nicht die Kirche, sondern ich bestimme mein Leben in Verantwortung meinen Mitmenschen gegenüber und Gott verantwortlich – das ist ein zentraler Gedanke.“

Ein weiterer Impuls von Prof. Dr. Martin Jung: Die Gleichheit der Christen. Nach Luther gebe es keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Mann und Frau und keinen theologischen Grund, Frauen ein kirchliches Amt zu verweigern. Bei der evangelischen Kirche habe die Gleichheit eine Weile gedauert, so Jung. Die katholische Kirche sei weit davon entfernt.

Zur Organisation und Struktur der Kirche erläuterte Jung, dass eine von der Basis organisierte Kirche nach Luthers Vorstellung gewesen wäre. Heute würden Katholiken darüber diskutieren, Laien zum Predigtamt zuzulassen. Eine solche Wertschätzung entspräche Luthers Gedanken, so der Theologe. Auch die evangelische Kirche müsse in Zukunft darüber nachdenken, wo studierte Theologen und wo Laien aktiv werden können. Die Kirche der Zukunft werde eine Kirche der Seelsorger sein, so Jung.

Der Gottesdienst sei für Luther immer ein Dienst am Menschen gewesen und „kein Werk, um Gottes Gnade zu erlangen.“ Die Eindeutschung sei eine revolutionäre Tat gewesen, die den Menschen ermöglichte, aktiv teilzunehmen, so der Referent weiter.

Die Bibel stehe im Zentrum der christlichen Praxis. Luther habe damit begonnen. Jung: „Wir haben keinen Kult um einen heiligen Text in einer heiligen Sprache. Ich finde es ausgesprochen schade, dass Protestanten und Katholiken keine gemeinsame Bibel haben.“ Die Herausgabe der Bibel 2017 mit einer Rückbesinnung auf Luther sah Jung mit Skepsis, habe doch Luther selbst gesagt, man solle „dem Volk aufs Maul schauen“. Konfirmanden, Schüler und Studenten täten sich oft schwer mit dem Werk.

Zur Ethik beschrieb Prof. Dr. Jung, dass der Glaube für Luther eine Liebesbeziehung zu Christus sei. Dieser Beziehung würden die guten Werke der Christen entspringen.

Jung zum Impuls Ökumene: „Luther wollte die Kirche nicht spalten, aber die Kirchenspaltung war eine Folge der Reformation.“ „Wie wäre es heute, wenn der Papst an Luthers Grab beten würde?“, fragte Jung. Der Kaiser, der Luther geächtet habe, hätte auch später an seinem Grab gestanden. Jung regte an, dass Protestanten und Katholiken aktuell gemeinsame Zielvereinbarungen auf allen Ebenen abschließen sollten, um dann damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Weiterhin wäre es denkbar, so Jung, einmal pro Jahr einen gemeinsamen ökumenische Taufgottesdienst zu feiern. Man könne Simultankirchen einrichten, die von beiden Konfessionen genutzt würden, gemeinsame Feste feiern oder Gesprächskreise ins Leben rufen. Jung: „Das Reformationsjubiläum als Bahnbrecher ökumenischer Fortschritte – das würde ich mir wünschen.“

 

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