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Luther und der Islam
4.10.2017
Zahlreiche Zuhörer unterschiedlicher Konfessionen und Religionen hörten zu und diskutierten anschließend mit dem Referenten. Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, Beauftragter für den christlich-muslimischen Dialog in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, referierte auf Einladung des Interreligiösen Forums, der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit und des Katholischen Bildungswerks Altena-Lüdenscheid (Foto: Bettina Görlitzer)
Von Bettina Görlitzer
LÜDENSCHEID Um einen Aspekt, der im Rahmen der bisherigen Reformationsgeschichtsschreibung kaum Beachtung fand, drehte sich eine Vortragsveranstaltung, zu der das interreligiöse Forum Lüdenscheid gemeinsam mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Lüdenscheid und der Katholischen Erwachsenen- und Familienbildung Altena-Lüdenscheid eingeladen hatte: Martin Luther und der Islam. Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, Beauftragter für den christlich-muslimischen Dialog in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, referierte im Gemeindehaus der katholischen Gemeinde Maria Königin in Lüdenscheid.
Reinbold erklärte, dass Luthers Haltung zum Islam bislang wenig Beachtung bei der Erforschung seiner Schriften und der Reformation gefunden habe, aber in einem Deutschland, das sich zu einem Multireligionenland entwickelt, müsse sich auch die Reformationsgeschichtsschreibung ändern. Er selbst sei eigentlich Bibelwissenschaftler und trete nur deshalb als Experte zum Thema Luther und der Islam auf, weil er am Impulspapier der Konferenz für Islamfragen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mitgearbeitet habe und bisher niemand wirklich etwas über das noch nicht hinreichend wissenschaftlich erforschte Thema wisse.
Um Luthers Haltung zum Islam zu verstehen sei es wichtig, den historischen Kontext zu kennen, betonte Reinbold. Im 16. Jahrhundert habe eine große Angst vor den Türken geherrscht, die 1521 Belgrad erobert hatten und 1529 vor den Toren Wiens standen das habe sich um eine reale Kriegsangst gehandelt, im Gegensatz zu Ängsten, die heute einige Menschen umtrieben, sagte Reinbold, der mit seinem Vortrag auch dem Bogen zum aktuellen interreligiösen Dialog spann. Unter anderem berichtete er vom Haus der Religionen in Hannover, wo sechs Religionen den Austausch und pädagogische Arbeit pflegen.
Martin Luther habe sich sowohl um 1529 als auch in späteren Jahren zu den Türken und zum Islam, soweit er ihm bekannt war, geäußert. Als Grundlagen habe ihm eine lateinische Übersetzung einiger Passagen des Koran gedient. Zwei Aspekte, die in den Schrifte vorkommen, könnten, so meinte Reinbold, auch heute noch zum Grundlage für den Dialog der Religionen dienen. Zum einen sei der Reformator entsetzt gewesen, dass der Islam Jesus zwar zu den Propheten zähle, aber nicht anerkenne, dass er Gottes Sohn sei, dieses sogar als Irrglauben bezeichnet werde. Gleichzeitig habe Luther die Lehre Mohammeds in eine Reihe mit anderem ketzerischen Lehren des Mittelalters gestellt, was wiederum eine große Nähe zum Christentum impliziere. Der Koran enthält auch viel Wahres, aber Mohammed selbst fügt aus eigenem Gutdünken offensichtliche Lügen ein, habe Luther geschrieben und den Islam insgesamt als erfolgreichste Ketzerei in der Geschichte des Christentums bezeichnet.
Bei den anwesenden Muslimen entschuldigte sich der Referent wiederholt für einige Aussagen, die er aus Luthers Schriften zitierte, die n ihrer drastischen und feindseligen Sprache typisch für die damalige Zeit gewesen seien, die eben vor der Angst für den Eroberungen durch das osmanische Reich geprägt gewesen sei. Unter den 40 Anwesenden entspann sich noch eine intensive Diskussion darüber, wie sich die Haltung des Christentums gegenüber dem Islam in jüngeren Jahrzehnten verändert hat und welche Einfluss Luthers Aussagen auf den heutigen Dialog haben könnten.