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Präses Annette Kurschus: Die Kirche ist kein Bunker
1.11.2017
Westfalen/Soest + 500 Jahre nach dem Beginn der Reformation hat Präses Annette Kurschus die christliche Freiheit in den Mittelpunkt gestellt. Vor Gott gibt es nichts, was mich besser oder gesicherter dastehen ließe als andere, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen im Gottesdienst, den die evangelischen Kirchen in NRW am Dienstag zum Reformationsjubiläum in Soest feierten.
Wer solche Freiheit annimmt, den könne kein fremder und kein eigener Anspruch knechten oder verbiegen. Doch die Unfreiheit sei verführerisch: Da gibt es Stimmen, die wissen schon immer ganz genau, wer in der Gesellschaft dazugehört und wer nicht. Stimmen, die mit Masse und Lautstärke entscheiden, wer ganz in Freiheit leben darf und wer nicht und wer es entweder ganz unten aushalten muss oder besser geht. Bereitwillig geben Menschen ihre Freiheit auf nur damit ihnen jemand die Angst abnimmt und das Denken. Dagegen betonte die Präses, dass die von Gott geschenkte Freiheit in die Verantwortung ruft für unsere Mitmenschen. Die Kirche, das Haus des Glaubens, ist kein Bunker. Und die feste Burg, die unser Gott ist, verbietet es, ihn bei uns einzumauern und unsere Köpfe und Herzen durch Zugbrücken und Schießscharten vor allem Anderen und Fremden zu schützen.
Ministerpräsident Laschet las aus der Bergpredigt
An dem Festgottesdienst in der voll besetzten Soester Wiesenkirche wirkte auch Ministerpräsident Armin Laschet mit, der einen Abschnitt aus der Bergpredigt Jesu las. Für die Evangelische Kirche im Rheinland war Vizepräsident Christoph Pistorius dabei, die Lippische Landeskirche vertrat Kirchenleitungsmitglied Susanne Schüring-Pook. Kai Hegemann führte als Ortspfarrer der Wiesenkirche durch die Liturgie. Der Steinmetz Michael Düchting beschrieb sein Handwerk und erklärte, die großen Kirchengebäude seien wie die Wiesenkirche - immer Baustellen und damit ein Sinnbild für Kirche heute und in Zukunft.
Rausgehen, neue Wege gehen, um anderen zu begegnen auch das ist Reformation, sagte Antje Limbrock, die von der ehrenamtlichen Arbeit im Kirchenkiosk Vis à Wiese berichtete. In diesem für alle offenen Begegnungszentrum finden Besucher nicht nur Informationen, sondern auf Wunsch auch Ansprechpartner für Fragen des Lebens und Seelsorge.
Leuchtkraft und Vollkommenheit
Die Glasrestauratorin Simone Schmidt schilderte, wie sie an den mittelalterlichen Fenstern der Wiesenkirche arbeitet und sich so mit den Generationen der Jahrhunderte verbunden fühlt, die bereits damals von der Leuchtkraft und Vollkommenheit gefangen waren.
Orgel spielte Professor Dr. Helmut Fleinghaus, Direktor der Hochschule für Kirchenmusik Herford. Deren Kantorei sang unter der Leitung von Professor Hildebrand Haake. Landesposaunenwart Daniel Salinga und Kirchenmusikdirektor Ulrich Dieckmann leiteten den Landesjugendposaunenchor
Westfalen/Lippe. An dem Gottesdienst nahmen auch mehrere Hunderttausend Zuschauer des WDR-Fernsehens und Radiohörer von WDR 5 teil.
Der einmalige Feiertag am Reformationstag, 31. Oktober 2017, erinnert daran, dass an diesem Tag vor 500 Jahren Martin Luther seine Thesen gegen den Ablasshandel veröffentlicht hat. Daraus entwickelte sich eine starke Bewegung, aus der die evangelische Kirche entstand. Der 31. Oktober 1517 gilt als Ausgangspunkt der Reformation.