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Gefährdet die Digitalisierung unsere Sicherheit?
25.11.2017

Pfarrer Dr. Jörg Ettemeyer (2.v.r.) führte durch den Gottesdienst am Buß-und Bettages, in dem es auch um das Thema Gefährdet die Digitalisierung unsere Sicherheit? ging (Foto: EKGLK)
LENNESTADT-KIRCHHUNDEM + Nein, Entwarnung wollte und konnte der Experte nicht geben. Und er veranschaulichte die Bedrohungslage mit einer Live-Schaltung ins Internet. Bis zu drei Millionen Angriffe auf das Netz der Deutschen Telekom wurden in den vergangenen 24 Stunden verzeichnet. Stephan Wollny aus Kirchhundem ist Ingenieur für Nachrichtentechnik und bei der Telekom-Security zusammen mit 1200 anderen Mitarbeitern für IT-Sicherheit verantwortlich. Auf Einladung der Ev. Kirchengemeinde Lennestadt-Kirchhundem berichtete er in deren Veranstaltungsreihe anlässlich des Buß-und Bettages über seine Arbeit.
Gefährdet die Digitalisierung unsere Sicherheit? so lautete das Thema des Abends. Seit der Steintafel habe es in der Geschichte der Menschheit immer wieder zum Teil dramatische technische Veränderungen gegeben. Immer seien diese zunächst belächelt worden, hätten sich dann aber als selbstverständlich durchgesetzt. Wenig Hoffnung konnte Stephan Wollny deshalb einem Besucher machen, der auch in Zukunft lieber sein Auto selbst lenken als sich auf autonomes Fahren einlassen will. In der vierten industriellen Revolution, auch Industrie 4.0 genannt, reden die Geräte, etwa im Verkehr oder im Haushalt, miteinander und erklären sich, was sie zu tun haben. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz optimierten sie sich selbst, erläuterte der Experte.
Grundsätzlich wachse damit aber die Gefahr, dass diese Geräte, bzw. die gesamte Infrastruktur angegriffen werden. Besonders groß sei die Herausforderung, die sogenannte kritische Infrastruktur zu schützen. Dazu gehören die Bereiche Energie, Wasser, Verkehr und Gesundheit. Schon jetzt gebe es weltweit jährlich Schäden in Höhe von etwa 450 Milliarden Euro durch Hackerangriffe. Der gefährlichste Täter sei im Übrigen der gekündigte Computer Administrator, ein sogenannter Innentäter.
Pfarrer Dr. Jörg Ettemeyer, fragte Stephan Wollny, warum nach Fukushima der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie erfolgt sei, die Digitalisierung aber trotz schon jetzt verheerender Schäden weiter gehe. Der Ausstieg aus der Kernenergie war ohne Wohlstandsverlust möglich, analysierte der Kirchhundemer nüchtern. Pfarrer Dr. Jörg Ettemeyer kritisierte, dass es bei der öffentlichen Diskussion über die Digitalisierung nahezu ausschließlich um die möglichst baldige lückenlose Breitbandversorgung der Bevölkerung mit schnellem Internet gehe. Zugleich spielten in den Berichten der Drogenbeauftragten der Bundesregierung die Folgen von Mobbing und Internetsucht eine immer größere Rolle. Zudem weise das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie immer wieder auf die Möglichkeit folgenschwerer Angriffe auf die Netze hin. Auch vor diesem Hintergrund sei die Aufforderung an die Bevölkerung zu sehen, sich für den Notfall mit Lebensmitteln u.a. zu bevorraten.
Während seines Beitrags im Gottesdienst zum Buß-und Bettag am folgenden Tag in der Emmaus-Kirche in Würdinghausen erklärte Stephan Wollny: Wir alle sind gefordert diesen Prozess der Digitalisierung mit offenen Augen zu begleiten und haben alle darauf zu achten, dass Datenschutz und IT-Sicherheit keine Randthemen in einer euphorisch geführten Diskussion über die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung werden. Es ist auch Aufgabe der Christen die Veränderungen in der Gesellschaft mit zu gestalten.