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„Dem Geist Gottes Raum geben"
21.4.2025

Von Iris Kannenberg
LÜDENSCHEID + Die diesjährigen „Gemeindetage unter dem Wort“ begannen am Abend des 3. April 2025 in der Evangelischen Christuskirche Lüdenscheid. Das übergreifende Motto der mehrtägigen Veranstaltung lautete „Richtig glauben“.
Die Gemeindetage wurden mit einem Vortrag von Professorin Mihamm Kim-Rauchholz zum Thema „Wenn Gottes Geist Dich leitet“ eröffnet. Frau Kim-Rauchholz wurde in Südkorea geboren und wuchs in Deutschland auf. Ihre zahlreichen Aktivitäten und Auszeichnungen spiegeln ihre bemerkenswerte Karriere wider. Pfarrer Rainer Gremmels und Ute Leitner stellten sie gemeinsam mit folgenden Worten vor: „Viele Menschen kennen die Grundlagen des Glaubens nicht mehr. An den kommenden Abenden beschäftigen wir uns daher mit dessen Kernaussagen. Wir begrüßen dazu herzlich Frau Professor Mihamm Kim-Rauchholz. Sie studierte Evangelische Theologie in Seoul, Tübingen und Heidelberg. Nach ihrer Promotion in Tübingen war sie Dozentin am Theologischen Seminar der Liebenzeller Mission. Von 2011 bis 2023 lehrte sie als Dozentin für das Neue Testament und Griechisch an der Internationalen Hochschule Liebenzell. Zudem ist sie Interimspräsidentin der Pacific Islands University in den USA. Daher pendelt sie regelmäßig zwischen ihren beiden Wohnsitzen in Chicago und dem Schwarzwald hin und her.“
Die Frau, die dann vor den Altar trat, um von Ute Leitner zunächst einmal interviewt zu werden, erwies sich keineswegs als so einschüchternd, wie ihre vielen Titel es vermuten ließen. Im Gegenteil. Sie war nahbar, fröhlich und lebendig und schien förmlich von innen heraus zu leuchten.
Mihamm Kim-Rauchholz hielt einen berührend ehrlichen Vortrag. Sie teilte ihre persönlichen Erfahrungen mit den Zuhörern und wies zunächst darauf hin, dass viele Christen Schwierigkeiten mit dem Heiligen Geist haben, da er unkontrollierbar zu sein scheint. Laut der Bibel weht er, wie und wo er will. Jesus konnte man sehen und berühren, von ihm hat man ein klares Bild. Ganz im Gegenteil zum Heiligen Geist. Ihn verbindet man wohl noch am ehesten mit Feuer. Oder Wind. Nach dem Weggang Jesu führte der Geist die Gemeinde zudem auf neue und überraschende Weise.
Der Heilige Geist kam, wie Jesus ankündigte, um eine sehr persönliche Beziehung mit uns aufzubauen. Wer in uns lebt, kennt jedes Detail von uns. Was könnten wir ihm verheimlichen? Dennoch wird er misstrauisch betrachtet oder – noch schlimmer - einfach ignoriert. Wir werden oft lieber starr und religiös, statt freudig den lebendigen Glauben zu leben, den er uns schenkt. Professorin Kim-Rauchholz wurde persönlich: „Ich war selbst ein Kontrollfreak und ließ dem Geist Gottes nur einen von mir kontrollierten engen Raum. Was ich aber erst gemerkt habe, als ich Kinder bekam. Und lernen musste, sie loszulassen. Keine einfache Sache, sich einzugestehen, dass man mitnichten Gottes Geist erlaubt, in die Tiefe zu gehen und Dinge in einem anzusprechen, die man gern sorgsam verbirgt. Warum ist das so? Ich habe bei mir selbst erkannt: Was wirklich dahintersteckt ist schlicht und ergreifend Angst. Angst, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren.“
Auch die Jünger Jesu hatten damit ihre Probleme, erläuterte Mihamm Kim-Rauchholz weiter. „Sie wollten sogar zurück in ihr altes Leben. Das kannten sie. Was der Geist hingegen zur Gemeinde sprach, war unfassbar, überraschend und alles andere als kalkulierbar. Sie mussten sich öffnen für etwas ganz Neues, Unbekanntes. Ihre eigenen Vorstellungen begraben. Viel mehr, als das bereits bei Jesus selbst der Fall gewesen war. Wir wissen, was geschehen ist, als sie schließlich diese Angst vor dem Neuen, Unbekannten überwanden: Sie bekamen die Kraft, Wunder zu tun, die Gemeinde aufzubauen und Menschen in Scharen zu Jesus zu führen.“
Ihrer Meinung nach hat dieses „Draufeinlassen“ nichts an Brisanz verloren. Scheiden sich die Geister bereits an Jesus – beim Heiligen Geist herrscht keinerlei Einigkeit. Dabei kam er ausdrücklich zu den Nachfolgern Jesu, um eine persönliche Beziehung zu ihnen aufzubauen und die Zurückgelassenen zu trösten. Er ist der Beistand. Er ist der direkte Draht zu Jesus und dem Vater. Er ist die dritte Person des dreieinigen Gottes. Trotzdem oft abgelehnt. Weil man nicht weiß, wie man in einer Welt, in der Kontrolle so wichtig erscheint, sich auf jemanden einlassen soll, den man nicht kontrollieren kann.
Wie können wir diesen inneren Konflikt nun lösen? Mihamm Kim-Rauchholz hatte eine Antwort: „Nicht Regeln, Gebote und Rituale machen unseren Glauben lebendig, sondern genau dieser Heilige Geist, der in uns wohnt. Er will eine intensive Beziehung zu uns. Er liebt uns und beschützt uns. Ihm zu vertrauen, ihm zu folgen und mit ihm zu leben, bringt uns Gott so viel näher. Und erschließt uns das Wesen Jesu. Dem Heiligen Geist zu folgen, erzeugt eine innere Freude und Kraft, mit der wir tatsächlich über Mauern springen können.“
„Lassen Sie uns mutig sein und nicht darauf bestehen die absolute Kontrolle zu haben“, fuhr sie fort. „Wir sind Menschen und machen Fehler. An der Hand des Geistes zu gehen, erzeugt hingegen die Sicherheit und Geborgenheit, die wir brauchen, um die richtigen Entscheidungen für unser Leben zu treffen und Jesus in seiner ganzen Fülle zu erkennen.“ Ein starkes und wichtiges Wort in diesen Tagen, in denen die Welt verrückt zu spielen scheint. Wir können tatsächlich immer weniger selbst kontrollieren. Wie tröstlich, dass der Heilige Geist, der in seinen Kindern wohnt, alles unter Kontrolle hat.
Wer könnte unser Leben besser im Griff haben als Gott selbst? Die Angst darf man getrost in seine liebenden Hände geben. Voller Vertrauen. Wie ein Kind. Gott kann damit umgehen. Er weiß, wie zerbrechlich wir sind, schließlich hat er uns geschaffen.
Den musikalischen Teil des Abends bestritt der Gospelchor „Heavens Gate“ unter der Leitung von Christiane Langs-Blöink. Chor und Dirigentin boten eine mitreißende Performance. Große Stimmen trafen auf eine außergewöhnliche Choreografie, in der die Dirigentin allen voran ihr Publikum begeisterte. Es ist immer wieder ein Erlebnis, diesem Chor zu hören und zu sehen.
Der Einstieg in die Gemeindetage war gelungen. Musik und Referentin passten so genau zusammen, dass man leicht den Verdacht gewinnen konnte, dass es sich hier um das Wirken des Heiligen Geistes handelte. Ein starkes gemeinsames Zeugnis für eine starke Botschaft!
Am 4. April war das Thema „Wenn Gott seine Kirche erneuert‘. Hier referierte Gerhard Proß zu Gast – Leiter verschiedener christlicher Netzwerke. Er leitete unter anderem leitete er das Netzwerk ‚Verbund der CVJM‘, zu dem 25 CVJM gehören. Der ‚Kreis zur Einheit Württemberg‘, das ‚Treffen von Verantwortlichen‘ und das Netzwerk ‚Miteinander in Europa‘, zu deren Gründern er gehört, sind weitere mit seinem Namen verbundene Netzwerke. Im Jahr 2020 entstand die Initiative ‚Deutschland betet‘, bei der er seitdem als einer der Initiatoren mitwirkt. Den musikalischen Part dieses Abends übernahm die Band Kreuzkirche.
Den 5. und 6. April gestaltete dann Henrik Ermlich. Am Samstag referiert der gebürtige Ostfriese, der sich eigentlich auf ein Leben als Landwirt eingestellt hatte, über das Thema „Wenn Gottes Geist dich sendet‘. Mit 22 Jahren ging er aufgrund einer Gottesbegegnung zum Theologischen Seminar Tabor, um Theologie zu studieren. Sein Ziel war es, in die Mission zu gehen. Seit 2012 ist er als Evangelist und als Redner deutschlandweit unterwegs. Annika Kögler und Markus Opderbeck bereicherten diesen Vortragsabend mit ihren Liedern.
Den Abschluss diesjährigen Gemeindetage machte dann der Gottesdienst am Sonntagmorgen, in der Henrik Ermlich predigte. Mit seinen Referenten, Schwerpunktthemen, der Musik und weiteren Angeboten boten die Gemeindetage wieder eine gute Gelegenheit für Austausch, Gebet und gemeinsames Erleben von Glauben und Gemeinschaft.