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Kreissynode: Nachwuchsmangel und Pensionierungswelle

12.11.2021

Bei der ersten Präsenssynode des EV. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg nach mehr als einem Jahr, kam es während der Aussprache zum Bericht des Superintendenten zu starken Diskussionen beim Thema ‚Freigabe von Pfarrstellen durch die Landeskirche‘. (Foto: Martin Büdenbender)
Bei der ersten Präsenssynode des EV. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg nach mehr als einem Jahr, kam es während der Aussprache zum Bericht des Superintendenten zu starken Diskussionen beim Thema ‚Freigabe von Pfarrstellen durch die Landeskirche‘. (Foto: Martin Büdenbender)

Von Wolfgang Teipel

 

KIRCHENKREIS + Die Tagung der Kreissynode des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg im Ev. Gymnasium Meinerzhagen am 10. November, war das ersten Präsenztreffen nach zwei digitalen Synoden in diesem Jahr. Entsprechende Vorsichtsmaßnahmen mit Blick auf die Gesundheit der Synodalen standen somit im Fokus der Organisation. So wurde die Synode nicht nur unter der 3G-Regelung, sondern mit einem zusätzlichen Schutzkonzept durchgeführt.

 

Trotz neuem Tagungsort, zentrale Herausforderungen bleiben bestehen: So wurde unter den Synodalen die Freigabe von Pfarrstellen durch die Landeskirche sehr stark diskutiert. Denn mit Blick in die Zukunft zu dieser Thematik, kommen viele Fragen und Sorgen auf: Ändert sich an den Leitlinien, die von der Landessynode im Sommer bestätigt worden sind, nichts, werden von den zurzeit 36 Gemeindepfarrstellen und zwölf Funktionspfarrstellen nur noch wenige übrig bleiben. Für die jüngeren Pfarrer wie Steffen Pogorzelski und Simon Schupetta sind dies besorgniserregende Aussichten. „Es könnte sein, dass ich ab 2031 für mehr als 5000 Menschen zuständig bin“, gab Pogorzelski zu bedenken.

Die aktuellen Vorgaben der Landeskirche seien nicht etwa auf finanzielle Gründe zurückzuführen, hatte Superintendent Dr. Christof Grote zuvor in seinem Bericht erläutert. Ausschlaggebend sei der eklatante Nachwuchsmangel.

Die aktuellen Vorgaben der Landeskirche seien nicht etwa auf finanzielle Gründe zurückzuführen, sondern hängen mit dem eklatanten Nachwuchsmangel zusammen, erklärte Superintendent Dr. Christof Grote in seinem Bericht. (Foto: Martin Büdenbender)
Die aktuellen Vorgaben der Landeskirche seien nicht etwa auf finanzielle Gründe zurückzuführen, sondern hängen mit dem eklatanten Nachwuchsmangel zusammen, erklärte Superintendent Dr. Christof Grote in seinem Bericht. (Foto: Martin Büdenbender)

Im Bereich der Ev. Landeskirche von Westfalen entscheiden sich nur noch sehr wenige junge Theologinnen und Theologen für den Pfarrdienst einer Gemeinde. Dazu kommt eine Pensionierungswelle. Sie erreicht in den nächsten Jahren ihren Höhepunkt. Allein in diesem Jahr sind zwei Pfarrer in den Ruhestand gegangen. Eine Pfarrerin ist auf eine Stelle in den Kirchenkreis Gütersloh gewechselt.

 

Diese Entwicklung setzt sich in den nächsten Jahren fort. Vor diesem Hintergrund hat die Landeskirche beschlossen, bis 2025 Pfarrstellen ab einer Gemeindegliederzahl ab 3000 Menschen freizugeben. Ab 2026 erhöht sich der Schlüssel voraussichtlich auf 4000 Gemeindeglieder und ab 2031 voraussichtlich soll eine Pfarrstelle für 5000 Gemeindeglieder zuständig sein.

 

Ziel ist es so, die pastorale Grundversorgung flächendeckend sicherzustellen. Sogenannte ‚interprofessionelle Teams‘, bestehend aus Gemeindepädagoginnen und -pädagogen sowie anderen Berufsgruppen und Ehrenamtliche sollen die Geistlichen unterstützen. So soll weiterhin ein lebendiges Gemeindeleben ermöglicht werden.

 

Der Lüdenscheider Pfarrer Sebastian Schulz sieht keine Alternative zu diesen Leitlinien und dem Einsatz der interprofessionellen Teams. „Sie sind unsere einzige Chance und ein großer Wurf für die Landeskirche“, sagte er.

 

Verschiedene Redner warfen der Landeskirche dagegen Versäumnisse bei der Nachwuchsgewinnung vor. Andere Landeskirchen würden angehende Theologinnen und Theologen weitaus stärker unterstützen.

Assessor Martin Pogorzelski warnte vor „Schnellschüssen“ – eine klare Vision sei bei den strukturellen Veränderungen von zentraler Bedeutung. (Foto: Martin Büdenbender)
Assessor Martin Pogorzelski warnte vor „Schnellschüssen“ – eine klare Vision sei bei den strukturellen Veränderungen von zentraler Bedeutung. (Foto: Martin Büdenbender)

„Die Landeskirche zieht sich aus der Fläche zurück und arbeitet an den Austritten von morgen“, kritisierte der Neuenrader Kirchmeister Ralf Bohnert.

Er formulierte schließlich einen Antrag, nach dem der Schlüssel von 3000 Gemeindegliedern dauerhaft beibehalten werden solle. Nur so könnten die Strukturen der Gemeinde beibehalten werden. Der Pfarrer behalte so seine Position als fester Bezugspunkt. Ralf Bohnert fürchtet, dass die interprofessionellen Teams diese Aufgabe nicht erfüllen können. Sein Antrag, der Landessynode diese Forderung zu unterbreiten, wurde allerdings mehrheitlich abgelehnt.

 

Assessor Martin Pogorzelski warnte vor „Schnellschüssen“. Die Kreissynode müsse klare Visionen zu diesem Thema entwickeln. Das brauche Sorgfalt und Zeit. Auch Superintendent Grote teilte diese Meinung: „Der Antrag ist nicht inhaltlich abgelehnt worden. In der Sache sind wir uns in der Kreissynode einig. Aber eine reine Forderung wird jetzt nicht ausreichen. Wir müssen hier auch Lösungswege entwickeln und dann vorschlagen. Nur so hat ein Antrag auch die Möglichkeit auf der Landessynode Änderungen zu erwirken. Und diese Lösungswege wollen wir sehr gut überlegt vorbereiten.“ Voraussichtlich werden die Leitlinien zur Pfarrstellenfreigabe damit Schwerpunktthema der nächsten Sommersynode des Kirchenkreises werden.

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