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Heike Hesmer: „Wir saßen dann manchmal mit der Kuscheldecke vor dem Altar und ich habe erzählt.“

25.9.2017

 

 Von Guido Raith

Sie sind Tag für Tag in den Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg unterwegs, arbeiten im Kreiskirchenamt, dem Friedhofsverband, im Diakonischen Werk oder ehrenamtlich neben ihrem Beruf in den Kirchengemeinden. Und hinter jedem dieser Menschen steckt eine Geschichte, die ihn irgendwann zum Dienst in der Evangelischen Kirche führte, die jedoch kaum jemand kennt. Im Rahmen der Serie „Einer von uns...“ werden nun einige dieser Geschichten erzählt, rücken der Mensch und das Menschliche in den Vordergrund und Kirche bekommt einmal mehr ein Gesicht.

„Eine von uns...“ ist Heike Hesmer. Sie ist schon lange Jahre in der Ev. Kirchengemeinde Brügge-Lösenbach ehrenamtlich aktiv. „Im Moment bin ich eigentlich nur Laienpredigerin“, sagt sie bescheiden, und genau das ist es auch, was sie in ihrer Art beschreibt: Sie ist ein Mensch, der nicht gerne in der ersten Reihe steht, sondern der eher versucht, etwas aus der zweiten Reihe heraus zu bewegen. Und das mit einer ansteckenden Freundlichkeit. Heike Hesmer lächelt oft und gerne.

Lüdenscheid ist ihre Stadt, sagt sie und meint damit nicht nur, dass sie hier geboren ist, sondern einfach gerne hier lebt. Ein „Provinzmensch“ aus Leidenschaft, der nach Ausflügen in die Ferne immer wieder gerne zurückkommt.

An der Schubertstraße, mitten “in der Lösenbach“, tat Heike Hesmer ihre ersten Schritte. Ende der 1960er Jahre war hier die Zeit des Babybooms und einige der vielen Kinder des Stadtteils trafen sich im Kindergottesdienst, oder bei Spielschar, Jungschar, im Mädchen- oder Jugendkreis. „Ich glaube, ich war schon mit vier im Kindergottesdienst“, erzählt die geborene Lüdenscheiderin. Und irgendwann landete sie in der Jungschar, wo Enid Lal gerade ihr Gemeindepraktikum machte.

Mit zwölf Jahren ist sie als Katechumenin dann während einer Kinderbibelwoche zum Glauben gekommen. „Ich bin zwar evangelisch aufgewachsen und kannte mich hier auch recht gut aus, aber es war wichtig, zu erfahren, dass Jesus wirklich existiert und ich mit ihm in eine Beziehung treten kann.“ Das sei ein einschneidendes Erlebnis gewesen, berichtet sie heute rückblickend. Von diesem Moment an habe sie das Gefühl gehabt „ich werde so ein Stück weit geführt“.

Schließlich erinnert sie sich daran, dass sie anschließend nach und nach in die Mitarbeit in der Gemeinde hineinwuchs. „Da fragte man mich, ›Möchtest du nicht mal eine Andacht schreiben?‹, oder ›Willst du nicht mal Jungschar machen?‹, und Heike Hesmer sagte nicht Nein. Entscheidenden Einfluss bei dieser Entwicklung hatte Pfarrer Friedrich Wilhelm Windfuhr genommen, der durch gemeinsame Gespräche und Bibel-Lesungen in dem von ihm gegründeten Konfirmanden-Hauskreis den Grundstock für die Auseinandersetzung mit der Bibel legte.

1992 heiratete Heike Hesmer ihren Mann Guido, und als 1994 Tochter Dorothee und 1999 Sohn Jan David auf die Welt kamen, nahm sie sich Zeit für die Familie. In der Gemeinde engagierte sich die junge Mutter durch die Leitung einer Krabbelgruppe, einer Spielschar und in der Organisation und Durchführung besonderer Familiengottesdienste. „Das hat viel Spaß gemacht. Wir waren ein tolles Team und es ist sehr gut angenommen worden.“ Nach rund 15 Jahren übernahmen dann jüngere Eltern diese Aufgabe.

Das Band zur Gemeinde Brügge-Lösenbach blieb immer bestehen, obwohl die Familie  Hesmer von Anfang an in einem anderen Bezirk lebte. „Wir sind immer in der Gemeinde geblieben und haben uns entsprechend umpfarren lassen“, berichtet Heike Hesmer.

„Von jeher spannend“ fand Heike Hesmer „in Gottes Wort zu lesen und das in den Alltag zu übersetzen. Die Andachten machten ihr immer Spaß und schon früh vermittelte sie kleinen Kindern spielerisch, was in der Bibel steht. „Wir saßen dann manchmal mit der Kuscheldecke vor dem Altar und ich habe erzählt.“

Den Altarraum und das Gefühl, vor vielen Zuhörern etwas zu erzählen, lernte sie dadurch kennen, dass Pfarrer Windfuhr immer gerne Laien aktiv mit in den Gottesdienst einbezog. Im Mitarbeiter-Team, das den Familiengottesdienst organisierte, war schließlich die Idee entstanden, ob nicht auch jemand aus ihrer Runde einmal eine Predigt halten könnte. Und Heike Hesmer traf für sich die Entscheidung, Laienpredigerin zu werden. „Und dann ist das ein relativ langer Weg,“ erinnert sie sich im Gespräch. 2004 habe sie sich beworben, bei der Gemeinde offene Türen eingerannt und von allen Seiten Zuspruch und Unterstützung bekommen. In Haus Villigst machte sie schließlich ihre Ausbildung als Laienpredigerin. „Heute heißen solche Menschen Prädikanten. Ich bin also ein Dino und sterbe aus“, scherzt Heike Hesmer und beschreibt, dass sie auch Kasualien durchführen darf: „Ich habe auch schon mal eine Trauung gemacht.“

Für ihre Predigten nimmt sich Heike Hesmer viel Zeit, hält sich dabei an die Perikope und gibt ihren Texten auch ihre persönliche Sicht darauf mit. „Ich möchte den Menschen Mut machen, auf Gott zu vertrauen. Das ist mein größtes Anliegen“, erzählt die Lüdenscheiderin. Sie versuche von der Bibel her zu erklären, wie Gott ist. Vielleicht sei das ein bisschen so wie ein Kampf gegen falsche Gottesbilder, erläutert sie. „Ich sage dann: Das steht in der Bibel. Darauf können wir uns verlassen. So ist Gott hier an dieser Stelle. Hier offenbart er sich auf diese Art und Weise. Da hält er sein Wort.“

Auf die Kirche als Institution angesprochen, sinniert Heike Hesmer einen Moment, erzählt kurz von den Schwierigkeiten, die die evangelische Kirche offenbar mit der charismatischen Bewegung hatte und beschreibt dann, dass es ihr vornehmlich wichtig sei, dass Menschen Jesus Christus kennenlernen. „Auf welche Art und Weise sie an ihn glauben... ob das katholisch, evangelisch, pfingstlerisch, baptistisch, oder sonst wie ist... das sind alles Geschwister.“

 

 

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